Kritische Zustimmung

Die SGAIM nimmt Stellung zu Impfungen und Komplementärmedizin

Offizielle Mitteilungen
Ausgabe
2016/14
DOI:
https://doi.org/10.4414/phc-d.2016.01335
Prim Hosp Care (de). 2016;16(14):259

Affiliations
Generalsekretärin SGAIM

Publiziert am 27.07.2016

Die SGAIM hat sich sowohl im Vernehmlassungsverfahren zur nationalen Impfstrategie des Bundes als auch im Anhörungsverfahren zur Neuregelung der Leistungspflicht von komplementärmedizinischen Leistungen geäussert. Beide Stellungnahmen fallen zwar grundsätzlich zustimmend, aber kritisch aus.
Die nationale Impfstrategie des Bundes wird von der SGAIM gutgeheissen. Insbesondere das primäre Ziel, nämlich die Impfrate zu erhöhen, unterstützt die Fachgesellschaft. Jedoch wehrt sich die SGAIM gegen die in der Botschaft vorgetragene einseitige Betrachtungs- und Herangehensweise. Für die SGAIM gilt zu berücksichtigen, dass die Impfung nur eines von verschiedenen präventiven Mitteln ist, und der Patient immer ganzheitlich beurteilt und behandelt werden muss. Die SGAIM setzt sich im Zusammenhang mit Impfungen auch dafür ein, dass sämtliche medizinischen Massnahmen aufeinander abgestimmt und dieser ganzheitlichen Betrachtungsweise untergeordnet sein müssen.

Vereinfachung und Koordination

Aus diesem Grund erwartet die SGAIM bei einer weiteren nationalen Strategie im Gesundheitsbereich, dass diese mit bereits bestehenden Strategien koordiniert wird, und die Prozesse und Rollen eindeutig geklärt sind. Es braucht dazu nicht weitere Organe, sondern die Nutzung bestehender Strukturen und Netzwerke. Die beste Voraussetzung für die Erhöhung der Impfrate sieht die SGAIM einerseits in der flächendeckenden ­Sicherstellung der Grundversorgung und andererseits in einer Impfpflicht für exponierte medizinische Berufe. Dagegen spricht sich die SGAIM kritisch gegenüber der Ausdehnung der individuellen Impfberatung auf andere Medizinalberufe aus. Da eine solche Be­ratung ein vertieftes medizinisches Wissen und genaue Kenntnisse der gesundheitlichen Situation eines Pa­tienten bedingt, gehört die individuelle Beratung grundsätzlich in ärztliche Hand. Die SGAIM begrüsst hingegen allgemeine Sensibilisierungskampagnen durch weitere Akteure (z.B. Apotheken oder Arbeitgeber). Dazu ist gemeinsam mit den medizinischen Fach­gesellschaften spezifisches Informationsmaterial zu erarbeiten.

Wirksamkeit, Zweckmässigkeit
und Wirtschaftlichkeit

Im Anhörungsverfahren zur Leistungspflicht von komplementärmedizinischen Leistungen geht es dar­­um, das – nach Annahme des entsprechenden Verfassungsartikels durch die Schweizer Bevölkerung – bis Mitte 2017 laufende Provisorium in eine definitive Verord­nung überzuführen. Die SGAIM kann diesem Ansinnen grundsätzlich zustimmen, besteht aber auf eine­r restriktiven Anwendung der festgelegten Kriterien. Das bedingt auch, dass die Leistungspflicht ausschliesslich auf ärztliche Leistungen beschränkt bleibt. Zudem muss verlangt werden, dass für die Leistungsübernahme von komplementärmedizinischen Methoden die gleich strengen Anforderungen gelten wie für andere medizinische Fachbereiche. So sind die Kri­terien Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit in jedem Fall mit fundierten wissenschaftlichen Methoden zu belegen.
Die Stellungnahmen können in ganzer Länge im Anhang der Online-Version dieses Artikels unter www.primary-hospital-care.ch oder auf eingesehen werden.
Bruno Schmucki
Kommunikation SGAIM
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