Das erste Interview mit dem neuen Präsidenten von mfe Philippe Luchsinger: «Kontinuität ist das Motto»
Das erste Interview mit dem neuen Präsidenten von mfe: ­Philippe Luchsinger

Das erste Interview mit dem neuen Präsidenten von mfe Philippe Luchsinger: «Kontinuität ist das Motto»

Offizielle Mitteilungen
Ausgabe
2017/01
DOI:
https://doi.org/10.4414/phc-d.2017.01478
Prim Hosp Care (de). 2017;17(01):10-11

Affiliations
Kommunikationsbeauftragte mfe

Publiziert am 11.01.2017

An der Delegiertenversammlung im November sind Sie zum neuen Präsidenten von mfe gewählt worden. Wie sind Sie anfangs Januar ins neue Amt gestartet?
Mit einem neuen Hut, der aber nicht ruckartig auf meinen Kopf gesteckt worden ist, sondern der nach und nach seinen Platz darauf gefunden hat. Dabei wurde und werde ich tatkräftig unterstützt, von verschiedenster Seite. Eigentlich war die Entscheidung, dieses Amt anzunehmen, die Folge ­eines Prozesses, der vor eineinhalb Jahren begonnen hat, mit der Diskussion im Vorstand um die Nachfolge von Marc Müller. Marc selbst, der Vorstand, die Geschäftsstelle, das Sekretariat und viele Mitglieder haben mir dabei so viel Goodwill und Unterstützung entgegengebracht, dass ich mich gut eingebettet fühle, und nicht als «Lonely Ranger» durch die wilde gesundheitspolitische Prärie reiten muss.
Ich werde in den nächsten Monaten die Balance zwischen mfe, Praxis und – ganz wichtig – Familie finden müssen. Die Basis meines Engagements liegt in der Familie, in meiner Frau Kathrin, die mich sehr kritisch im liebenden Auge hat, unseren Kindern, die sehr offen mit mir diskutieren. Der Enkel wird sich da noch etwas raushalten …
Marc Müller hat mfe seit dessen Gründung geführt und mit seiner Persönlichkeit stark geprägt. 
Die Latte scheint hoch gelegt.
Die Latte ist hoch gelegt: Was Marc mit seinem Netzwerk und seinem Gespür in der Politik für mfe geschafft und geschaffen hat, ist schlicht grandios. Mein Ziel kann nicht sein, Marc zu kopieren, da würde ich scheitern. Mein Ziel muss sein, die Kontakte und ­Positionen, die mfe zu mfe gemacht haben, weiter zu pflegen, wenn möglich auszubauen, und vor allem die Glaubwürdigkeit, die die Haus- und Kinderärzte auszeichnet, konstant weiter hoch zu halten. Glücklicherweise kann ich dabei auf Marc zurückgreifen. Gleich­zeitig haben wir in Vorstand und Geschäftsstelle Persönlichkeiten, die zusammen ein breites, kreatives und intensives Wissen und Können einbringen, auf das ich als «primus inter pares» schlicht angewiesen bin.
Was ändert sich bei mfe unter Philippe Luchsinger?
Der Kopf, der bei den Editorials erscheint … nein, Spass beiseite: mfe ist ein junger Verband, der die Aufbauphase rasant hingelegt hat. Die nächste Phase muss sein, diesen Aufbau zu konsolidieren. Aber dieser Übergang wird nicht ruckartig erfolgen, wir werden sanft überleiten, mit dem gleichen Vorstand, der gleichen Geschäftsstelle, dem gleichen Sekretariat. Kontinuität ist das Motto, Veränderungen werden dort ­geschehen, wo sie nötig sind.
In den vergangenen sieben Jahren hat sich mfe als politischer Berufsverband entwickelt und positioniert. Wo sehen Sie die wichtigsten Herausforderungen für den Verband in Zukunft bzw. warum brauchen die Grundversorger ihren Berufsverband?
Weil wir weiterhin gehört werden müssen! Unsere Stimme gegen aussen, in die Politik, in die Bevölkerung, muss weiter kräftig und konzis vernehmbar sein. Unsere Stärke, pragmatische Lösungen für unser Gesundheitswesen zu erarbeiten, auch mit unseren ­Partnern, müssen wir weiter pflegen. Dazu brauchen wir die mannigfachen Kontakte – Politik wird in der Schweiz im direkten Gespräch in kleinen Einheiten ­gestaltet, in vielen Schritten. Das schweizerische Gesundheitswesen ist fragmentiert, mit multiplen Interessen. Die Haus- und Kinderärzte sind einer der ganz wichtigen Player, das gilt es zu bewahren und auszubauen.
Innerhalb der FMH wird es weiter entscheidend sein, an den anstehenden Problemen aktiv mitzuarbeiten, wie es mfe schon immer getan hat, und dabei für die Interessen der Mitglieder stark und konsequent einzutreten. Die Problematik der Tarifrevision stellt uns vor grosse Aufgaben. Dank einer hervorragend arbeitenden Tarifkommission sind wir gut aufgestellt und können kompetent an einer Lösung mitarbeiten.
Ein weiteres wichtiges Feld unserer Aktivitäten ist die Interprofessionalität: mfe hat schon früh erkannt, dass die Silos nicht unsere Zukunft sein können, wenn sie alleine dastehen: sie müssen untereinander kommunizieren! Und mfe gehört bei diesen «Bauarbeiten» zu den wichtigen Architekten.
Welche standespolitischen Themen werden Sie 2017 am meisten beschäftigen?
Neben den bereits erwähnten Themen Tarif und Interprofessionalität wird ein ganz wichtiges Thema die Nachwuchsförderung sein. Das beginnt bei der politischen Unterstützung der Institute für Hausarztmedizin, in denen die Lehre einen ganz wichtigen Platz einnimmt. Nur wenn wir (und da spreche ich alle unsere Mitglieder an) schon in der Ausbildung sichtbar sind, können wir unseren schönen Beruf entsprechend darstellen. Die Praxisassistenz, der Einstieg in die Praxis, sind weitere wichtige Abschnitte. Die weiterhin enge Zusammenarbeit mit den Jungen der Jungen Hausärztinnen und -ärzte Schweiz JHaS ist da eminent wichtig.
An der Delegiertenversammlung wurde das Grundversorgerkonzept von mfe verabschiedet. Als neuer Präsident setzen Sie dieses Konzept jetzt um. Warum ist ein eigenes Berufsbild für die Grundversorger wichtig?
Gerade im Umfeld der sich verändernden Gesundheitslandschaft ist es wichtig, die eigene Position, die eigene Haltung zu definieren. Nur aus dem von uns selber beschriebenen Bild des Grundversorgers heraus können wir die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Akteuren gestalten: Mit den anderen Fachärzten, mit den Spitälern, mit allen Gesundheitsfachleuten, aber auch mit den Versicherern, der Verwaltung und der Politik.
Wie wurde das Konzept entwickelt und wie stellt der Vorstand sicher, dass es von den Mitgliedern getragen wird?
Begonnen haben wir die Arbeit am Grundversorgerkonzept im Vorstand, an der Retraite vor eineinhalb Jahren. Nach einem ersten Entwurf wurden die Delegierten als Vertreter unserer Mitglieder eingebunden – der Vorstand, erweitert durch Mitglieder der JHaS, zusätzlich eine Peer-Group JHas und eine Gruppe Delegierte haben alle ihre wichtigen Beiträge eingebracht. Viele Stimmen haben sich verlauten lassen, viele Hände daran gearbeitet; wir haben versucht, das Konzept so breit wie möglich abzustützen. Und die bisherigen Reaktionen sind durchwegs positiv.
Wo oder bei was treffen wir Philippe Luchsinger, wenn er nicht in der Praxis oder für mfe unterwegs ist?
Zu Hause mit einem Buch, im Kino, bei einem Stadtbummel mit meiner Frau, ohne die ich diese Arbeit und dieses Engagement nie leisten könnte, und der ich dafür auch von Herzen danke. Die Sonntagabende «en famille» sind für mich die wichtigsten Fixpunkte in meiner Agenda.
Ihr grösster Wunsch für die Haus- und Kinderärzte?
Dass die Emanzipation unseres Berufs weiter anhält, dass die Entwicklung, die in den letzten 25 Jahren auf der ganzen Welt zu einer veränderten Wahrnehmung unseres Berufs und unserer Berufung geführt hat, ­weiter anhält. Ein Gesundheitswesen ohne prominent platzierte Haus- und Kinderärztinnen ist ein No-Go.
Sandra Hügli-Jost
Kommunikationsverantwortliche Hausärzte Schweiz, Geschäftsstelle
Effingerstrasse 2
CH-3011 Bern
sandra.huegli[at]
hausaerzteschweiz.ch