Ärzte, ein wichtiger Partner, um Mut zu machen

Voll im Leben!

Editorial
Ausgabe
2017/04
DOI:
https://doi.org/10.4414/phc-d.2017.01507
Prim Hosp Care (de). 2017;17(04):63

Affiliations
Präsident mfe

Publiziert am 22.02.2017

Tag der Kranken ... Kommen da nicht Erinnerungen auf? Eine legendäre Botschaft – nicht primär wegen des Inhalts, sondern eher wegen der Art und Weise: Die Ansprache des damaligen Bundespräsidenten der Schweiz Johann Schneider-Ammann vor einem Jahr hat sich über die elektronischen Kanäle verbreitet, in alle Welt, und erlangte Kultstatus. Der damalige amerikanische Präsident konnte ihm danach sagen, dass er ihn schon einmal gesehen habe, und die Franzosen wussten plötzlich, dass wir in der Schweiz einen Bundespräsidenten haben. Zur Ehrenrettung muss man sagen, dass dafür die Botschaft, nämlich, dass Lachen gut für die Gesundheit ist, auf diese eher ungeschickte Weise doch Verbreitung gefunden hat.
Ein Drittel der Schweizer Bevölkerung hat dauerhafte Gesundheitsprobleme. Das können chronische Erkrankungen sein, Unfallfolgen, oder Beeinträchtigungen, die schon früh im Leben ihren Beginn genommen haben. Überall und immer wieder benötigen diese Menschen Unterstützung durch ihre Hausärztin. Gerade in diesen Fällen ist eine der Kernkompetenzen der Hausärzte gefragt, nämlich die vertrauensvolle Begleitung durch verschiedene schwierige Situationen über lange Zeit. Der Aufbau ­einer tragfähigen Beziehung, mit der die Kontinuität der Betreuung sichergestellt werden kann, ist eine der schönsten Aufgaben unseres Berufs, und zeichnet ihn entsprechend aus. Gerade dieser Teil unserer Arbeit ist es auch, der uns immer wieder in Momenten, in denen alles rund läuft, in denen wieder eine Klippe umschifft ist, eine tiefe Befriedigung schenkt, zusammen mit dem betroffenen Menschen.
Als Hausärzte, die die Familie kennen, das soziale ­Umfeld, können wir diesen Menschen auch zur Seite stehen, wenn es darum geht, Lösungen zu finden, um trotz der Beeinträchtigung aktiver Teil unserer Bevölkerung zu sein. Wir haben mit unserem Patienten schon über Möglichkeiten der Unterstützung bei der Wohnsituation diskutiert, über Probleme, die die Erkrankung für den Arbeitsplatz darstellt. Wir sind ein wichtiger Partner, wenn es darum geht, diesen Menschen auch Mut zu machen, damit sie hinstehen können, um laut und selbstbewusst zu sagen: «Schau mich an: ich bin voll im Leben!»
Halt: haben wir da nicht jemanden vergessen? Nein, natürlich nicht, nur noch nicht speziell erwähnt: Unsere Jüngsten, die Kinder, die mit einer Beeinträchtigung geboren sind, oder durch Ereignisse in ihrem noch kurzen Leben Einschränkungen ihrer Entwicklung oder ihres Alltags erleiden müssen. Gerade für sie ist es wichtig, in ihrer Kinderärztin jemanden zu wissen, der sie darin unterstützt, mit ihren Freunden, Spielkameraden, Mitschülerinnen, mit der Familie am Leben teilzunehmen wie alle anderen auch. Wenn im Bericht des OBSAN (Schweizerisches Gesundheitsobservatorium) 2015 «Leben mit chronischer Krankheit» geschrieben steht, dass es für die allermeisten Betroffenen ganz wichtig sei, die Normalität zu erlangen oder so lange wie möglich zu erhalten, wie essen­tiell ist es dann für Kinder, mitmachen, mitspielen, mitlachen, mitreden zu können? Die Kinderärzte sind die Experten dafür, durch ihre entsprechend spezialisierte Weiter- und Fortbildung, durch ihre Erfahrung in der Praxis.
Nehmen wir alle die Aufgabe wahr, diese zwei Millionen Menschen in der Schweiz darin zu unterstützen, voll im Leben stehen zu können. Machen wir ihnen jeden Tag Mut, nicht nur am 5. März 2017, dies auch zu zeigen, im Alltag, gegen aussen: «Schau mich an: ich bin voll im Leben». Und freuen wir uns mit ihnen, wenn sie uns nicht brauchen.
Sandra Hügli-Jost
Kommunikations­verantwortliche Hausärzte Schweiz, Geschäftsstelle
Effingerstrasse 2
CH-3011 Bern
Sandra.huegli[at]
hausaerzteschweiz.ch