Informationsblatt für Ärztinnen und Ärzte - Factsheet 2: Tabak-Zigarette
Informationsblatt für Ärztinnen und Ärzte

Informationsblatt für Ärztinnen und Ärzte - Factsheet 2: Tabak-Zigarette

Lernen
Ausgabe
2017/07
DOI:
https://doi.org/10.4414/phc-d.2017.01511
Prim Hosp Care (de). 2017;17(07):133-137

Affiliations
Klinik für Pneumologie, Universitätsspital Zürich

Publiziert am 05.04.2017

Einleitung

Die Tabak-Epidemie ist eine der grössten gesundheit­lichen Herausforderungen auf globaler Ebene. Jährlich sterben circa 5 Millionen Menschen an den direkten Folgen des Tabakkonsums und zusätzlich über 600 000 an den Folgen des Passivrauchens [1]. Die Mortalität von Rauchenden ist zwei- bis fünfmal höher im Vergleich zu Nie-Rauchenden [2, 3], was eine Reduktion der Lebenserwartung von bis zu zehn Jahren entspricht [4]. Circa 50% der Raucher sterben frühzeitig an den Folgen ihres Tabakkonsums [5]. In der Schweiz sind es 9500 Todesfälle pro Jahr, im Jahr 2015 rauchten ­weiterhin 25% der über 15-jährigen Bevölkerung, wobei der Anteil in der männlichen Bevölkerungsgruppe bei 29% und in der weiblichen Bevölkerung bei 21% lag (Zahlen aufgrund von Befragung). Bei den Täglich-Rauchenden konsumierten 98,5% Tabak ausschliesslich in Form von ­Zigaretten. 20,5% der Täglich-­Rauchenden wiesen einen hohen Grad der Nikotinabhängigkeit auf, wobei der Anteil der stark und sehr stark abhängigen Personen in der Altersgruppe der 45–54-Jährigen am höchsten ausfiel (14,5%). 33,6% der Täglich-Rauchenden und 30,9% der Gelegenheitsrauchenden äusserten die Absicht, innerhalb von sechs Monaten das Rauchen aufgeben zu wollen. Die 15–29-Jährigen wiesen zudem einen erhöhten risikoreichen Alkohol- (49% der Rauchenden im Vergleich zu 25% der Nicht-Rauchenden) und Cannabiskonsum (6% der Rauchenden vs. 1,7% der Nicht-Rauchenden) auf. Mit geschätzten jährlichen Kosten von ca. 10 Milliarden Franken hat das Rauchen neben den gesundheitlichen Folgeschäden nicht nur individuelle, sondern immense volkswirtschaftliche Auswirkungen [6].

Wirkungen von Nikotin und anderen Bestandteilen des Tabakzigarettenrauchs

Nikotin, ein natürliches Insektizid der Tabakpflanze, ist der Hauptbestandteil von Tabakrauch, der zur Tabak-Abhängigkeit führt. Nikotin kann über die Haut, das Lungenepithel sowie die Schleimhäute der Atmungs- und Verdauungsorgane aufgenommen werden. Die Wirkung wird über die Aktivierung des ­nikotinergen Acetylcholinrezeptors (n-ACh) hervorgerufen, der auf Neuronen, Muskel-, Nieren-, Haut-, Lungen- und ­Immunzellen sowie Zellen der Lymph- und Blutgefässe zu finden ist. Die chemische Struktur von Nikotin ist derjenigen von Acetylcholin ähnlich. Die Halbwertszeit von Nikotin im Serum beträgt zwei Stunden. Beim Inhalieren erreicht das Nikotin innerhalb von rund zehn Sekunden das Gehirn, wo es kurzfristig zu einer erhöhten Aufmerksamkeit und gesteigerten Gedächtnisleistung kommt. Dieser ­Effekt ist bei abhängigen Rauchenden jedoch nicht mehr nachweisbar. In dieser ­Situation trägt der Nikotinkonsum lediglich zur Minderung von Entzugserscheinungen, eventuell zum Genuss bei und ist durch Konditionierungen bedingt (siehe unten). Nikotin wirkt dosisabhängig toxisch und führt zu Nausea, Emesis, Diarrhoe, Hypersalivation, Reduktion der Herzfrequenz, Dyspnoe, wirkt epileptogen und kann tödlich sein. Die letale Dosis liegt bei 6,5–13 mg/kg Körpergewicht. Eine Zigarette enthält ca. 12 mg Nikotin wobei nur ca. ein Drittel davon aufgenommen wird. Der Aufbau der Tabakzigarette, die Produktion und Verarbeitung des Tabaks sowie die ­dabei verwendeten Zusatzstoffe bewirken eine optimierte Aufnahme von Nikotin, die in hohem Masse ­abhängig macht. Gesundheitlich relevante Rauchbestandteile sind in Tabelle 1 zusammengefasst.
Tabelle 1: Ausgewählte Zusatzstoffe von Zigaretten und Bestandteile des Tabakrauchs [8, 31, 32].
ZusatzstoffeGrund für Einsatz im TabakproduktWirkung auf NikotinstoffwechselReizendGiftig KanzerogenSuchtpotential
AmmoniakpH-Wert-Erhöhung des Tabaks 
und RauchsBessere Bioverfügbarkeit des ­Nikotins bei höherem pH, höhere Serumkonzentrationenx  x
Ätherische Öle 
(Menthol, Thymol etc.)Betäuben den Rachenraum leicht und überdecken den TabakgeschmackTiefere Inhalationen möglich → ­Erhöhung der Nikotinkonzentration   x
Benzol??  x (Leukämie) 
Blausäure?? x  
Formaldehyd??x (x) 
Kohlenmonoxid (CO)?? x  
Nitrosamine??  x 
Phenol??x x 
Polonium 210??  x 
PyrazineBetäuben den Rachenraum leichtTiefere Inhalationen möglich → 
Erhöhung der Nikotinkonzentration   x
Styrol??  x 
Teer??  x 
TheobromineErweitern die BronchienTiefere Inhalationen möglich → 
Erhöhung der Nikotinkonzentration   x
Toluol??xx  
TryptophanFormt mit Aldehyden Beta-Carboline → MAO-Hemmer (dadurch verminderter Abbau von Dopamin)Durch Nikotin erhöhte Dopaminmenge im Gehirn bleibt länger 
vorhanden   x
ZuckerVerbrennungsprodukt: Acetaldehyd, verhindert Bildung von Enzym MAO-B (dadurch verminderter Abbau von ­Dopamin)Durch Nikotin erhöhte Dopaminmenge im Gehirn bleibt länger 
vorhanden xxx
Tabakrauch enthält über 4800 Bestandteile, davon sind mindestens 250 giftig und 90 werden als karzinogen eingestuft [7]. Tabakkonsum bzw. das Rauchen von Tabakzigaretten ist assoziiert mit zahlreichen gesundheitlichen Folgeerscheinungen. Diese, insbesondere die karzinogenen und kardiovaskulären Effekte sowie diejenigen bei Passivrauchexposition, sind in Tabelle 2 aufgeführt [8].
Tabelle 2: Gesundheitliche Folgen des Rauchens [33].
Fachgebiet bzw. PopulationAktives RauchenPassiv-Rauchen
KrebskrankheitenLungenkarzinom, Mundhöhlenkarzinom, Larynxkarzinom, Ösophaguskarziom, Magenkarzinom, Pankreaskarzinom, hepatozelluläres Karzinom, Ureterkarzinom, Harnblasenkarzinom, Nierenkarzinom, LeukämieLungenkarzinom, Mammakarzinom (prä-menopausal), Zervixkarzinom (wahrscheinlich)
Herz-KreislauferkrankungenArteriosklerose, koronare Herzerkrankung, zerebrovaskuläre 
Erkrankung, abdominales AortenaneurysmaHerzinfarkt, Schlaganfall, koronare Herzerkrankung
AtemwegserkrankungenChronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD), Pneumonie, ­Bronchitis, Asthma, Tuberkulose, idiopatische Lungenfibrose ­(wahrscheinlich)Reizung der Atemwege: Husten, pfeifende Atemgeräusche, Auswurf; Reizung der Nasenschleimhäute, Belastungsdyspnoe, verringerte Lungenfunktion, Pneumonie, Asthma, Bronchitis, COPD, Verschlimmerung von Mukoviszidose
StoffwechselerkrankungenDiabetes mellitus Typ 2 
ZähneParodontitis 
FrauenInfertilität, Schwangerschaftskomplikationen (Früh-, Fehl-, und ­Totgeburten, vorzeitige Plazentaablösung, vorzeitiger Blasensprung, extrauterine Gravidität), Osteoporose (postmenopausal), Zervix­karzinom 
MännerErektile Dysfunktion 
Kinder Akute und chronische Atemwegserkrankungen,
Otitis media, Verschlimmerung von Asthma
AdoleszenteAnhaltende kognitive Beeinträchtigung und Verhaltensstörungen ­(Arbeitsgedächtnis und Aufmerksamkeit) 
Neugeborene (Rauchen in 
der Schwangerschaft) Plötzlicher Kindstod, geringes Geburtsgewicht, geringe Grösse, kleinerer Kopfumfang, vermindertes Längenwachstum, Geburtsdefekte (Lippen-Kiefer-Gaumensegel-Spalten), gestörte Lungenentwicklung, gestörte Hirnentwicklung (veränderte Reaktion auf Drogen, stört Bildung von Nervenverbindungen, Hyperaktivität, ADHS, Ängstlichkeit, stört Motorik und Sensorik), Adipositas in Kindheit
ImmunsystemErhöhte Anfälligkeit gegenüber AtemwegsinfektenErhöhte Infektanfälligkeit
SonstigeSchnellere Hautalterung, Katarakt, Makuladegeneration, Hüftfraktur, Rheumatoide Arthritis, peripher arterielle Verschlusserkrankung, tiefe Venenthrombose, schlechte WundheilungAugenbrennen- und tränen, Reizung der Schleimhäute, Kopfschmerzen, Schwindel­anfälle
Irreführend sind die vermeintlich weniger schädlichen «Light»-Zigaretten, denen Ammoniakprodukte zugesetzt werden, die den pH-Wert des Tabakrauchs senken und dadurch salzgebundenes Nikotin in frei bioverfügbares Nikotin umwandeln, das somit mit ISO-zertifizierten Messapparaten nicht mehr nachgewiesen werden kann [9, 10]. Die Menge an Nikotin und Schadstoffen und somit die Risiken bzw. gesundheit­lichen Auswirkungen des Rauchens bleiben weiterhin unverändert bestehen [11].
Seit mehr als zehn Jahren dürfen amerikanische Tabakkonzerne keine ­Zigaretten mehr unter der Bezeichnung «Light» oder «mit niedrigem Teergehalt» anbieten [12]. Als ebenfalls schädlich hat sich das sogenannte «light smoking» (1–4 Zigaretten/Tag) erwiesen, wobei sich ein erhöhtes Mortalitätsrisiko, insbesondere auf ischämische kardiovaskuläre Erkrankungen und Lungenkarzinome zeigte [13]. Es gibt keine «minimale Dosis» von Rauchen, die als unbedenklich eingestuft werden könnte [14].

Nikotinabhängigkeit

Nikotin macht sowohl physisch als auch psychisch abhängig. Laut ICD-10 (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems) liegt eine Nikotinabhängigkeit vor, sofern drei der folgenden sechs Kriterien erfüllt sind: starker Konsumwunsch (Zwang), Entzugssymptome bei Konsumstopp oder Reduzierung, Toleranzentwicklung, unkontrollierter Kon­sum, Konsum trotz negativer körperlicher Folgen, Veränderung des Lebensrhythmus zwecks Beschaffung [15].
Die physische Abhängigkeit des Nikotins erklärt sich über die Bindung des Wirkstoffes an nikotinerge ACh-Rezeptoren auf dopaminergen Nervenzellen des ventralen tegmentalen Areals, wodurch Dopamin ausgeschüttet wird, das wiederum den Nucleus acumbens und den präfrontalen Cortex stimuliert. Die erhöhten Dopaminlevel im Belohnungszentrum des Gehirns lösen ein Wohlgefühl aus und fördern somit weiteren Nikotinkonsum. Nach wiederholtem Konsum bildet sich eine Toleranz aus: Bestehende nikotinerge ACh-Rezeptoren werden desensibilisiert und/oder inaktiviert. Dementgegen werden vermehrt nikotinerge ACh-Rezpetoren gebildet und eine immer grössere Menge an Nikotin ist notwendig, um alle Rezeptoren zu besetzten und Entzugserscheinungen zu verhindern. Ist eine kritische Menge der Rezeptoren unter­besetzt (Auftreten ca. 4–6 Stunden nach Konsum) wird der corticotropin-releasing factor (CRF) freigesetzt, ein Stresshormon das die erweiterte Amygdala aktiviert und somit die entzugstypischen Erscheinungen wie Reizbarkeit, Antriebslosigkeit, Bedrücktheit, innere Unruhe und Angst auslöst.
Die psychische Komponente der Nikotinsucht ist über die dopaminerge Aktivierung des präfrontalen Kortex zu erklären. Dies führt dazu, dass bestimmte Situationen, Handlungen und Sinneswahrnehmungen während des Rauchens (Tasse Kaffee, der Akt des Zigarettenanzündens etc.) mit den positiv wahrgenommenen Effekten des Rauchens in Verbindung gebracht werden und durch wiederholte Assoziationen eine Konditionierung entsteht, die den Wunsch nach einer Zigarette hervorrufen. Die vielfachen Konditionierungen werden durch die Tabakwerbung gefördert und verstärkt und erschweren den Rauchstopp [16].

Entwöhnung

Für die erfolgreiche Tabakentwöhnung ist die Motivation des Rauchenden für den Rauchstopp eine entscheidende Voraussetzung. Eine Metaanalyse belegt, dass eine kurze ärztliche Beratung gegenüber keiner Beratung die Wahrscheinlichkeit eines Rauchstopps erhöht [17]. Generell wird ein Vorgehen nach den sogenannten 5 «A» empfohlen:
Ask (Nachfragen, ob der Patient raucht)
Advice (Anraten zum Rauchstopp)
Assess (Bereitschaft zum Rauchstopp erfragen)
Assist (Unterstützung beim Rauchstopp)
Arrange follow-up (Nachbetreuung).
Die Annahme, dass der Rauchstopp lediglich eine Willenssache sei, ist ein – unter Rauchenden wie auch Nichtrauchenden – weit verbreiteter Irrglaube. Dieser wird durch Untersuchungen belegt, wonach lediglich <5% der abhängigen Rauchenden einen sogenannten «kalten» Entzug ohne Beratung oder medikamentöse Unterstützung schaffen [18]. In der Regel benötigen Rauchende trotz Ausstiegshilfen mehrere Versuche, und ein grosser Anteil hat einen Rückfall während der ersten Wochen und Monate nach dem Rauchstopp [19]. Lediglich 3–33% schaffen es, langfristig aufzuhören, je nach gewählter Methode. Dies unterstreicht die Bedeutung einer professionellen Begleitung über einen längeren Zeitraum; entwöhnte Rauchende werden dabei nicht zu «Nichtrauchern», sondern müssen zeitlebens auf der Hut sein, um einen Rückfall zu vermeiden.
Die Evidenz-basierten Entzugstherapiemethoden sind Beratung und medikamentöse Unterstützung mit Nikotinersatzpräparaten, Bupropion oder Vareniclin. Die Beratung kann ärztlich oder durch eine andere medizinische Fachperson erfolgen, wobei für die Technik der motivierenden Gesprächsführung [20] und für die kognitive Verhaltenstherapie (Einzel- oder Gruppentherapie) [21, 22] ein Nutzen nachgewiesen ist. Zu erwähnen sind zahlreiche internetbasierte Programme und Apps, die durch ihre leichte Zugänglichkeit eine grosse Anzahl rauchender Menschen erreichen – auch wenn der individuelle Benefit gering ist [23, 24]. Für andere Methoden wie Hypnose, Akupunktur oder Homöo­pathie ist der dokumentierte Erfolg in vergleichenden Studien bislang nicht besser als bei der Beratung alleine. Auch der Einsatz von E-Zigaretten hat sich bisher zum Entzug von Nikotin nicht bewährt und zeigte keine besseren Resultate als die bisher verwendeten Nikotinersatzprodukte [25].
Bei der medikamentösen Unterstützung gibt es eine grosse Auswahl an Nikotinersatzprodukten, wobei unter kurzwirksamen (Kaugummi, Mundspray, Inhaler, Lutsch- und Sublingualtabletten) und langwirksamen Präparaten (Pflaster) unterschieden wird [18]. Entscheidend für die Wirksamkeit und gute Verträglichkeit ist die korrekte Anwendung dieser Produkte, die bei der Medikamentenabgabe und im Beratungsgespräch thematisiert werden sollte. Wenn aufhörwillige Rauchende diese Produkte ohne eine professionelle Konsultation versuchen, werden sie meist unterdosiert (und als «unwirksam» abgetan). Kombinationstherapien von zwei verschiedenen Ersatzprodukten (z.B. Pflaster plus Inhaler oder Mundspray) können diesem Problem entgegenwirken und höhere Erfolgsraten erzielen. Dabei ist eine Überdosierung der Nikotinersatzpräparate nicht zu befürchten, da sich diese für den Patienten als beginnende Nausea äussert.
Das Antidepressivum Bupropion zeigt einen positiven Effekt bezüglich Rauchstopp, wobei der genaue Wirkmechanismus nicht bekannt ist. Beachten sollte man bei Bupropion mögliche unerwünschte Wirkungen und Interaktionen. Das Medikament ist nicht indiziert bei einer Vorgeschichte von Epilepsie. Von Vorteil ist seine Wirkung auf den Gewichtsverlauf, besonders wenn das Präparat mit Nikotinersatzprodukten kombiniert wird: Es bremst die Gewichtszunahme nach dem Rauchstopp. Bupropion ist für den Rauchstopp als Zyban® registiert, rezeptpflichtig und unter gewissen Voraussetzungen kassenzulässig. Bei anderen Antidepressiva wurde bisher kein Nutzen für den Rauchstopp nachgewiesen [26].
Vareniclin (Champix®) ist ein Agonist des nikotinergen ACh-Rezeptors α4β2, der durch sein Binden an den Rezeptor Entzugserscheinungen mindert und die Freude am Rauchen reduziert, da es die Nikotin-Sensibilität des Nervensystems vermindert [27]. Es gibt keine nennenswerten Interaktionen für Vareniclin. Die häufigste Nebenwirkung ist Übelkeit, die in der Regel nach ein bis zwei Wochen vollständig regredient ist und durch Einnahme mit genügend Flüssigkeit oder einer Mahlzeit reduziert wird. Vareniclin ist rezeptpflichtig und unter gewissen Voraussetzungen kassenzulässig.
Als wirksam zeigte sich auch ein finanzieller Anreiz zum Erlangen eines Rauchstopps. Dies gilt auch für schwangere Frauen [28].

Direkte Auswirkungen des Rauchstopps [18]

Bereits wenige Minuten bis Tage nach dem Aufhören kommt es zu einer Reduktion von Blutdruck und Kohlenmonoxidgehalt im Serum. Es zeigt sich eine Verbesserung der körperlichen Kondition, aber auch des Geruchs- und Geschmackssinnes. Nach zwei bis vier Wochen reduziert sich das Risiko für das Auftreten von respiratorischen Infekten und nach vier bis zwölf Wochen zeigt sich eine Verbesserung der Lungenfunktion. Nach zwei bis drei Monaten erholt sich die Herz-Kreislauffunktion und nach einem Jahr dauerhaften Rauchstopps reduziert sich das Herzinfarktrisiko um 50%. Jedoch erst nach 5–15 Jahren gleicht das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen dem einer nichtrauchenden Person. Circa zehn Jahre nach Rauchstopp reduziert sich das Lungenkrebsrisiko um 50% im Vergleich zu fortgesetztem Rauchen.

Nikotin/Gateway-Theorie

Die Gateway-Hypothese besagt, dass «weiche» Drogen wie Nikotin und Alkohol «härteren» Drogen wie Kokain den Weg bereiten und somit den Einstieg zu illegalem Drogenkonsum erleichtern. Diese These konnte in einem Mausmodell bestätigt werden, in dem gezeigt wurde, dass zuvor konsumiertes Nikotin über molekulare Mechanismen die Wirkung von Kokain verstärkt [29]. Dieser Mechanismus mag auch verantwortlich sein für die nachgewiesenen höheren Abhängigkeiten bei Konsumierenden von Kokain, die zuvor bereits geraucht hatten im Vergleich zu jenen, die erst während des Kokainkonsums angefangen haben. Erwähnenswert ist, dass sich eine höhere Abhängigkeit von Nikotin entwickelt, wenn der Tabakkonsum schon in der Adoleszenz begonnen hat. Wer nach Erreichen des 20. Lebensjahrs zu rauchen beginnt, hat bedeutend mehr Chancen, ohne grössere Mühe aufhören zu ­können, als wer schon mit 14 Jahren mit Tabak experimentiert hat. Diese Tatsachen verdeutlichen die Wichtigkeit eines konsequenten Jugendschutzes vor Tabakprodukten und Nikotin.
PD Dr. med.
Macé M. Schuurmans
Universitätsspital Zürich
Klinik für Pneumologie
Rämistrasse 100
CH-8091 Zürich
mace.schuurmans[at]usz.ch
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