Ein JA zur Energiestrategie ist ein JA zur Gesundheitsvorsorge

Leserbriefe
Ausgabe
2017/09
DOI:
https://doi.org/10.4414/phc-d.2017.01568
Prim Hosp Care (de). 2017;17(09):174

Publiziert am 10.05.2017

Ein JA zur Energiestrategie ist ein JA zur Gesundheitsvorsorge

Energiestrategie 2050? Wo betrifft uns viel­beschäftigte Haus- und KinderärztInnen die laufende Diskussion über Klimawandel, Luftverschmutzung, Atomausstieg und Arbeitsplätze? Im Praxisalltag sind medizinische ­Aspekte in Zusammenhang mit der hochaktuellen Energiedebatte nur schwer erkennbar. Die grosse Tragweite des Themas wird jedoch rasch klar, wenn wir uns an den Publikationen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) orientieren. Sie fasst die Problematik der gesundheitlichen Folgen des Klimawandels prägnant zusammen [1]. Weltweit ist gemäss ihren Angaben in den nächsten Jahrzehnten jährlich mit Hunderttausenden Todesfällen, bedingt durch Dürren, Wassermangel und fehlende Nahrungsmittel, zu rechnen. Und jährlich werden als Folge der Klimaerwärmung direkte medizinische Kosten in der Höhe von mehreren Milliarden US-Dollar anfallen.
Der Klimawandel ist somit hochgradig gesundheitsrelevant, da er sich direkt auf Umweltbedingungen und soziale Verhältnisse auswirkt. Dies sind seit den Anfängen der naturwissenschaftlich orientierten Schulmedizin anerkannte Determinanten der Volksgesundheit [2]. Im 19. Jahrhundert waren es primär die katastrophalen hygienischen Zustände in den Grossstädten, die Mediziner und Politiker gemeinsam auf den Plan riefen. Oft nur gegen grosse Widerstände veralteten Denkens setzten sich damals saubere Trinkwasserversorgungssysteme und die kontrollierte Kanalisation von Abwässern durch. Und es wurden – aus heutiger Sicht ebenso selbstverständlich – die ersten öffentlichen Spitäler gebaut!
Standen damals grosse Anstrengungen zur Verbesserung der lokalen hygienischen Verhältnisse im Vordergrund, so sind heute primär globale Massnahmen zur Reduktion der Emissionen von CO2 und weiteren Treibhausgasen unerlässlich. Energieeffizienz und erneuerbare Energieformen werden dies ermöglichen. Dies wurde auf internationaler Ebene erkannt – das Pariser Klimaabkommen ist ein wesentlicher Schritt im hochkomplexen Prozess. Aber auch auf individueller Ebene können wir unseren sinnvollen Beitrag leisten. Nebst persönlicher Verhaltensänderung in den Bereichen Bauen, Wohnen und Heizen, Verkehr sowie Ernährung bietet sich am 21. Mai 2017 eine Gelegenheit, mit einem JA zur Energiestrategie 2050 einen kleinen Puzzlestein zu einer nachhaltigen und zukunftsfähigen Entwicklung im Dienste der Gesundheit beizutragen [3].
Die Energiestrategie wird ferner dank schweizerischer Innovationskraft und zu nachweislich äusserst moderaten Kosten auch unserer Wirtschaft zu Gute kommen. Haben wir hier als ÄrztInnen und Ärzte nicht die Chance, unseren Patienten Vorbilder zu sein? Denn ein JA zur Energiestrategie 2050 ist auch ein klares Bekenntnis zur Präventivmedizin!
Dr. med. Jean-Jacques Fasnacht, 
Präsident PSR/IPPNW Schweiz, Marthalen
1 WHO – Climate Change and Health, 2016: http://www.who.int/mediacentre/factsheets/fs266/en/
2 Rudolf Virchow: Die Epidemien von 1848, in: Virchows Archiv 3, 1. u. 2. Heft, 1851, S. 7.
3 ÄrztInnen-Komitee EnergiestrategieJA:
http://www.aefu.ch/index.php?id=10831