Dieses «Pfadilager» braucht es unbedingt!
Rückblick auf den JHaS-Kongress 2017

Dieses «Pfadilager» braucht es unbedingt!

Lehren und Forschen
Ausgabe
2017/13
DOI:
https://doi.org/10.4414/phc-d.2017.01614
Prim Hosp Care (de). 2017;17(13):246-247

Affiliations
Mitglied der Redaktion, Vizepräsident JHaS

Publiziert am 12.07.2017

Was haben die JHaS und die Pfadfinder miteinander zu tun? Auf den ersten Blick nicht viel, auf den zweiten mehr als man denkt! Seile und Brücken zwischen Generationen werden gespannt und das (Lager-)Feuer für die Hausarztmedizin ent­zündet. Dies geschieht unter anderem auch an dem jährlich durchgeführten JHaS-Kongress.
Der Jahreskongress der Jungen Hausärztinnen und -ärzte Schweiz (JHaS) ist vorüber. Mit über 500 Anmeldungen konnte ein Besucherrekord verzeichnet werden, das Wetter hat mitgespielt, die Vertreterinnen und Vertreter der Wirtschaft waren zufrieden und die Zusagen für den Kongress im nächsten Jahr grossmehrheitlich schon erfolgt.
Nach getaner Arbeit trafen wir, das Kongresskomitee, uns zu einer Rückblicksitzung und werteten die Rückmeldebögen aus. Mit dem Grösserwerden des Anlasses sind die Ansprüche der Teilnehmer gestiegen und die Voten kritischer geworden – zu Anfangszeiten im ­familären Rahmen sind vor allem Dankesschreiben ­gekommen für die Mühen, die auf sich genommen werden, was der Seele gut tut. Heute werden wir mit Voten konfrontiert, dass das Mittagessen etwas lieblos daher gekommen sei oder die Stühle im Plenarsaal zu hart gewesen seien. Voten, die wir ernst nehmen und als Grundlage für Entscheidungen für das nächste Jahr verwenden werden. Zum Glück sind auch in diesem Jahr die Rückmeldungen bezüglich Stimmung und Qualität des Kongresses fast durchgehend sehr gut.
Eine Rückmeldung bleibt mir dennoch speziell in Erinnerung. Auf die Frage, warum die Teilnehmerin oder Teilnehmer nicht Mitglied bei JHaS ist, wurde mit «Weil es mich etwas an die Pfadfinder erinnert und ich damit nie etwas anfangen konnte» geantwortet. Ein Statement, das zumindest bei mir allerhand Emotionen gleichzeitig ausgelöst hat. Ich gebe zu, die Analogie ist bestechend und entlarvend: Ein paar junge Engagierte opfern sehr viel Freizeit, um etwas auf die Beine zu stellen. Sie tun dies in albernen Uniformen (khakifarbene Hemden vs. orange T-Shirts) und als Motivationsgrund wird oft eine schwammige Antwort genannt im Sinne von «macht halt einfach irgendwie noch Spass». – Dass die Analogie bei mir als ehemaliger Pfadi grundsätzlich als etwas Positives aufgefasst wird, kann ich nicht von der Hand weisen, auch wenn ich sehe, dass die genannte Begründung mitnichten als Lobeshymne gemeint ist. Es ist so ein bisschen wie die Frage, weshalb es denn eigentlich einen Verein braucht, um durch den Wald zu rennen und eine Seilbrücke über ­einen Bach zu bauen. Und eigentlich stimmt es: Seit Generationen wurden die Leute Hausärztinnen und Hausärzte und es gibt eigentlich keinen Grund, weshalb nun ein Berufswunsch und die ersten Jahre im neuen Beruf von einem Verein begleitet werden sollen. Aber wieder in Analogie zur Seilbrücke über den Fluss: Wenn man das als Einzelperson erreichen will, kann man dies problemlos tun und braucht niemanden, der einen instruiert. Man sieht im Internet nach, holt sich im Baumarkt ein Seil und baut die Brücke (ironischerweise zeigte sich jedoch bei der Recherche für den vorliegenden Artikel, dass der erste Eintrag bei Google mit dem Suchbegriff «Seilbrücke bauen» auf eine Seite der Pfadfinder führt – aber darum geht es jetzt nicht!). Die Wahrscheinlichkeit ist gross, dass man zuerst mal ein für dieses Unterfangen falsches Seil kauft, eine unpassende Stelle zum Bau auswählt und bis die Konstruktion stabil ist ein-, zweimal nasse Schuhe bekommt. Nicht schlimm, aber es gibt vielleicht eine Erkältung. Ein weiterer Punkt ist der der positiven Verstärkung: Es braucht als Jugendlicher viel Biss und Durchhaltewillen, im grossen Dschungel der Freizeitangebote hinzustehen und zu sagen, dass man eben lieber ein Lagerfeuerchen hat als irgendeiner der andern, zweifellos auch guten, Freizeitbeschäftigungen nachzugehen. Zu sehen, dass man mit diesem Wunsch gar nicht so ein komischer Kauz ist, sondern es eigentlich richtig viele und vor allem auch richtig interessante andere Zeit­genossen gibt, die ähnliche Erlebnisse als schön empfinden, tut ungemein gut. Auf die Expertise anderer zurückgreifen zu können, bereits gemachte Fehler nicht selbst zu wiederholen oder eine bessere Methode zu lernen ist etwas vom wertvollsten, auch beim Berufseinstieg.

Nicht essentiell, aber wichtig

Nein, essentiell ist so ein Verein nicht. Man wird wunderbar Hausärztin oder Hausarzt, ohne auch nur ein einziges Mal mit den JHaS in Verbindung gekommen zu sein. Und wer Hemmungen hat, kann auch einfach an den Kongress kommen, sich das wissenschaftliche Programm zu Gemüte führen und den ganzen Vereinsrummel links liegen lassen. Es soll sich nie jemand genötigt fühlen, eine Mitgliedschaft zu beantragen und noch viel weniger, sich aktiv einzubringen. Aber um den Bogen wieder zu schliessen: Das stetige Wachstum des Vereins und des Kongresses, die Möglichkeit, uns inzwischen aktiv auch in die Politik einzubringen, ­damit auch für nicht-Miglieder wirken zu können und schlussendlich ganz besonders die Rückmeldungen gerade auch der Besucherinnen und Besucher der vorangehenden Generation Hausärzten, die den Enthusiasmus und die Stimmung am Kongress herausstreichen, lässt mich mit einem selbstironischen Lächeln schliessen: Dieses «Pfadilager» braucht es unbedingt! Wir freuen uns, die Seile und Brücken zwischen Generationen zu spannen und das (Lager-)Feuer der Hausarzt­medizin aufflammen zu lassen. Ich bin überzeugt: ­Machen wir so weiter, können wir gleichsam der Pressemitteilung der Pfadibewegung Schweiz (ebenfalls im Zusammenhang mit der Recherche zu diesem Artikel gefunden) in absehbarer Zeit vermelden, dass es auch dank dem gemeinsamen Engagement zu einem markanten Anstieg der Mitglieder gekommen ist und der Nachwuchs längerfristig gesichert scheint.
pract. med. Manuel Schaub
Sägemattstrasse 72
CH-3098 Köniz
manuel.schaub[at]hin.ch