Das Land Legna
Die Warnung, zu wenig Schreiner auszubilden, verhallte lange ungehört

Das Land Legna

Editorial
Ausgabe
2017/18
DOI:
https://doi.org/10.4414/phc-d.2017.01645
Prim Hosp Care (de). 2017;17(18):339

Affiliations
Präsident mfe

Publiziert am 27.09.2017

Wie schreiben das Jahr 2017. Im Lande Legna muss die Rekrutierung der Schreiner neu geregelt werden, jahrzehntelang hatte man auf ein System gesetzt, das bereits vor der Lehre die Fähigsten aussucht. Nötig war das geworden, weil in der Vergangenheit plötzlich die Angst aufkam, zu viele Schreiner auszubilden. Nach den ersten Jahren frohlockte die Innung der Ausbildner, die von ihnen Selektionierten absolvierten die erste Zwischenprüfung bravourös, und die meisten schlossen auch erfolgreich ab. Mit der Zeit bemerkten aber die aktiven Schreiner, dass statt der breit einsetzbaren Grundversorgungsschreiner zunehmend spezialisierte Holzbearbeiter an den Hölzern wirkten. Es gab solche, die für Eiche früh (unter 5 Jahren) zuständig waren, für Ahorn, Buche, in gewissen Regionen auch für Arve, und einige hatten sich auf exotische Hölzer spezialisiert. Um sicher zu sein, dass auch jeder in seinem Gärtchen bleibt, wurden diese genau abgegrenzt. Da das Ansehen dieser hohen Spezialisten immer bedeutender wurde, und die Arbeit der Grundlagenschreiner nicht mehr denselben Stellenwert genoss, wurden von diesen immer weniger ausgebildet. Dazu kam, dass die Warnung, generell zu wenig Schreiner auszubilden, zu lange ungehört verhallte. So wurde beschlossen, sich Gedanken zur Auswahl der Auszubildenden zu machen. Der Firma, die diese Tests durchführt, gelang es aber dank Intensiv-Bearbeitung der Entscheidungsgremien, einen Wechsel zu verhindern. So werden im Lande Legna die Schreiner auch in Zukunft mit der gleichen Prüfung ausgesucht, die zu den falschen Selektionen führt.
Kommt Ihnen die Geschichte bekannt vor? Wie lange haben wir darauf aufmerksam gemacht, dass zu wenige Ärztinnen und Ärzte ausgebildet werden? Und wie lange insistieren wir darauf, dass es zu wenig Haus- und Kinderärzte gibt? Nicht nur wir haben uns gefragt, ob die Richtigen für das Studium zugelassen werden, schon vor vier Jahren hat Urs Stoffel, seines Zeichens Chirurg, damals als Präsident der AGZ (Ärztegesellschaft des Kantons Zürich) dieselbe Frage gestellt.
Worin besteht denn der Unterschied? Man könnte ophthalmologisch von kurzer und langer Sicht sprechen. Der Ausschuss der Schweizerischen Hochschulkonferenz hat in seiner Empfehlung, den Numerus Clausus unverändert anzuwenden, eher die kurzsichtige Variante gewählt, wenn er postuliert, dass die Hochschulen nicht für die Auswahl zuständig sind, aber daraus schon das Richtige machten. In seinen Augen ist das Erreichen des Abschlusses wichtig, was nachher folgt nicht in der Verantwortung der Universitäten. Wir von mfe haben eher die weite Sicht: Ärztinnen und Ärzte haben im Gesundheitswesen Aufgaben, die der Gesellschaft dienen. Entsprechend sollten diejenigen, die eine solche Aufgabe wahrnehmen, gerade für diese ­Arbeit sinnvoll ausgewählt werden. In der Vernehmlassung hat mfe entsprechend auf Modelle aus Israel und den Niederlanden hingewiesen.
Eine einmalige Chance wurde verpasst, die Auswahl der Studierenden an die Bedürfnisse der in der Verfassung verankerten Rechte unserer Bevölkerung auf eine starke Grundversorgung auszurichten.
Übrigens: wenn ein Schreiner ein Meisterwerk plant, beobachtet er den Baum schon im Wachstum, begleitet sein Fällen, pflegt die gelagerten Hölzer, um danach mit grosser Sorgfalt sein Werk zu vollenden.
Sandra Hügli-Jost
Kommunikations­beauftragte
mfe Haus- und Kinderärzte Schweiz
Geschäftsstelle
Effingerstrasse 2
CH-3011 Bern
Sandra.huegli[at]hausaerzteschweiz.ch