Und dann schrie die junge Frau laut heraus, man solle sie endlich in Ruhe lassen, einfach einmal alleine lassen, sie könne nicht mehr. Die Kinder, die Praxis, die pflegebedürftige Mutter und immer das verdammte Handy, alles sei zu viel. Wir waren in einem Workshop in einer alten, heimeligen, ehemaligen Werkstatt irgendwo im Mittelland. Thema Kommunikation und dergleichen. Dieser Kursteil bestand aus Musik und Meditation, und als der Workshopleiter merkte, dass unserer Kollegin Tränen hinunterliefen, fragte er sie, ob sie etwas sagen möchte. Der Notschrei kam für einige überraschend. Ich hatte vorher beim Pausenkaffee eines dieser kurzen intensiven Gespräche, wo ich erfuhr, dass unsere Kollegin zwar alles hatte, was man sich wünscht, aber eben von allem zu viel. Sie war klug, erfolgreich, eine stattliche starke Frau, Ärztin, Mutter und Tochter, Sportlerin, Chorsängerin, aber jetzt war der Akku leer. Sie begriff, dass ihre eigenen Ansprüche an sich und das Leben überzogen waren. Aber was sollte sie tun? Das ganze Gerede und die guten Ratschläge um die Work-Life-Balance machte sie nur noch wütender. Sie brauche einfach hie und da eine Stunde mehr Zeit für sich. Sie wüsste schon etwas damit anzufangen.