Das Skalpell des Internisten - DPP-4-Inhibitoren (Gliptine)
Das Skalpell des Internisten

Das Skalpell des Internisten - DPP-4-Inhibitoren (Gliptine)

Lernen
Ausgabe
2018/01
DOI:
https://doi.org/10.4414/phc-d.2018.01652
Prim Hosp Care (de). 2018;18(01):16-17

Affiliations
a Mitglied der Redaktion, Universitätsklinik für Allgemeine Innere Medizin, Inselspital Bern, Harvard Medical School, Boston, MA; b ­Pharmacie ­interhospitalière de la Côte, Morges, Faculté de médecine, Université de Genève; c Klinische Pharmakologie, Inselspital Bern

Publiziert am 03.01.2018

DPP-4-Inhibitoren (Gliptine)
BezeichnungWirkstoffMarkennameGalenikDosierungHalbwertszeit
 LinagliptinTrajenta®Filmtabl. 5 mg5 mg 1x/Tag100 h
 SaxagliptinOnglyza®Filmtabl. 2,5/5 mg5 mg 1×/Tag3 h
 SitagliptinJanuvia®Filmtabl. 25/50/100 mg100 mg 1×/Tag12,4 h
 VildagliptinGalvus®Filmtabl. 50 mg50 mg 1–2/Tag2,5 h
EigHemmstoffe der Dipeptidylpeptidase 4 (DPP-4), das heisst des für den Abbau der Inkretinhormone GLP-1 ­(Glucagon-like Peptide-1) und GIP (glukoseabhängiges insulinotropes Peptid) verantwortlichen Enzyms. Die ­endogene Konzentration dieser Hormone ist folglich erhöht, wodurch die Glukosesensibilität der ­Betazellen steigt (und somit auch die Insulinfreisetzung), während die Glukagonsekretion sinkt. Diese Medikamentenklasse ist nicht mit einer Reduktion des kardio-vaskulären Risikos assoziiert.
PharmOrale Bioverfügbarkeit:
Linagliptin: 30%; Saxagliptin: >75%; Sitagliptin: 87%; Vildagliptin: 85%. 
Bioverfügbarkeit wird durch gleichzeitige Nahrungsaufnahme wenig beeinflusst.
Einnahme zusammen mit einer Mahlzeit oder unabhängig von den Mahlzeiten.
Elimination hauptsächlich über die Niere, teilweise über die Leber. Tabletten können gegebenenfalls zermörsert werden.
IndikBehandlung von Typ-2-Diabetes.
Als Monotherapie, wenn vorgängige orale Therapien nicht vertragen wurden.
In Kombination mit Metformin, einem Sulfonylharnstoff oder einem Glitazon (für die Kombination Glitazon und Sitagliptin werden die Kosten laut KVG nicht übernommen), falls eine Mono- oder Bitherapie mit diesen Wirkstoffen nicht ausreichend wirkt (siehe die Voraussetzungen für die Kostenübernahme laut KVG in der Spezialitätenliste, da diese Voraussetzungen je nach Wirkstoff unterschiedlich sind).
DosLinagliptin 5 mg 1×/Tag oral
 Saxagliptin 2,5 bis 5 mg 1×/Tag oral
 Sitagliptin 100 mg 1×/Tag oral. In Kombination mit einem Sulfonylharnstoff: Dosis des Sulfonylharnstoffs ­reduzieren
 Vildagliptin 50 mg 1–2/Tag oral
AnpasKrCl (ml/min):<3030–50>50 
 Niereninsuffizienz:    
 LinagliptinKeine Dosisanpassung   
 SaxagliptinKI2,5 mg/Tag5 mg 
 Sitagliptin25 mg/Tag50 mg/Tag100 mg/Tag 
 VildagliptinKIKI50 mg/Tag 
 Leberinsuffizienz:Keine Anpassung bei Saxagliptin. Kontraindikation für Vildagliptin.
Falls schwerwiegend: Kontraindikation für Sitagliptin und Linagliptin.
 Schwangerschaft1. Trimester2. Trimester3. TrimesterStillzeit
 LinagliptinNaNNN
 SaxagliptinNaNNN
 SitagliptinNaNNN
 VildagliptinNaNNN
KIÜberempfindlichkeit gegen den Wirkstoff, Typ-1-Diabetes, diabetische Dekompensation, Niereninsuffizienz 
(je nach Wirkstoff und Grad der Insuffizienz), Herzinsuffizienz (erhöhtes Risiko für Hospitalisierung)
NWKein Hypoglykämierisiko (ausser in Kombination mit Sulfonylharnstoffen), Kopfschmerzen, Harnwegsinfektionen, Herzinsuffizienz, Gelenkschmerzen (meist im ersten Behandlungsmonat). Immer noch unklar ist die Assoziation mit Pankreatitiden.
InterSulfonylharnstoffe (Hypoglykämie-Risiko)
Eig = Eigenschaften und Nutzen der Wirkstoffe; Pharm = Pharmakologie; Indik = Hauptindikationen (darunter «Off-Label-Indikationen»); Dos = ­Standarddosierung; Anpas = Dosisanpassungen; KrCl = Kreatinin-Clearance; KI = Wichtige Kontraindikationen; NW = Nicht vollständige Liste der Nebenwirkungen mit klinischen Auswirkungen aufgrund ihrer Häufigkeit oder ihres Schweregrades; Inter = Verbreitete Interaktionens; N = ­Medikament grundsätzlich kontraindiziert während der Schwangerschaft oder Stillzeit; Na = Medikament grundsätzlich kontraindiziert während der Schwangerschaft oder Stillzeit, wobei eine zufällige Verabreichung das Risko von Malformationen wahrscheinlich nicht signifikant erhöht.
Auszug aus dem «Brevimed», ­erschienen 2017 bei Editions Médecine et Hygiène, www.medhyg.ch . 
Nur auf Französisch erhältlich.
Nachdruck mit freundlicher Genehmigung von Médecine et Hygiène.

Gastkommentar

Prof. Dr. med. Manuel Haschke, Chefarzt Klinische Pharmakologie, Universitätsklinik für Allgemeine Innere Medizin, Inselspital
DPP-4-Hemmer können bei Versagen der Monotherapie mit Metformin als Kombinationstherapie eingesetzt werden. Im Vergleich zu den Sulfonylharnstoffen sind DPP-4-Hemmer etwas weniger gut wirksam (HbA1c-Senkung bei Monotherapie von ca 0,5%, in Kombination mit Metformin ca. 0,7–1,1%). Weil ihre Wirkung Glukose-abhängig ist, verursachen sie im ­Gegensatz zu den Sulfonylharnstoffen aber kaum ­Hypoglykämien und führen auch nicht zu einer Gewichtszunahme. Insgesamt sind DPP-4-Inhibitoren gut verträglich und können auch bei eingeschränkter Nierenfunktion zum Beispiel bei älteren Patienten ­eingesetzt werden (Linagliptin ohne Dosisreduktion, Sitagliptin mit Dosisreduktion). Saxagliptin und Alogliptin wurden mit erhöhtem Risiko für Herzinsuffizienz in Verbindung gebracht und sollten deshalb bei ­Patienten mit vorbestehenden Herzinsuffizienz nicht eingesetzt werden.
Prof. Dr. med. Jacques Donzé
Universitätsklinik für ­Allgemeine Innere Medizin
Inselspital
CH-3010 Bern
Jacques.donze[at]insel.ch