Die Reanimation des neuen Systems ist geglückt!
Critical Incident Reporting System (CIRS)

Die Reanimation des neuen Systems ist geglückt!

Offizielle Mitteilungen
Ausgabe
2018/13
DOI:
https://doi.org/10.4414/phc-d.2018.01792
Prim Hosp Care Allg Inn Med. 2018;18(13):225-226

Affiliations
a Forum für Hausarztmedizin und Institut für Hausarztmedizin, Universität Zürich; b Ärztenetzwerk Thurgau

Publiziert am 10.07.2018

Seit letzten Sommer läuft im Auftrag der SGAIM am Forum für Hausarztmedizin ein neues, für die haus- und kinderärztliche Praxis geeignetes CIRS-System. Dieser ­Artikel analysiert die 25 bis Ende April 2018 eingegangenen Fälle.

Das mediane Alter ist 65 Jahre, 18 Mal sind Frauen betroffen, ein Fall bezieht sich nicht auf einen konkreten Patienten*. In 17 Fällen war es der Meldearzt/das Praxispersonal, die den Zwischenfall entdeckt hatten, in drei Fällen waren es die Patienten oder deren Angehörige, in je einem Fall das Spital und die Apotheke (in drei Fällen fehlte die Angabe). Als Kontext wurde gemeldet: ­eigene Praxis (12), Notfalldienst/Ferienvertretung, ­Spital, Spitex/Heime (je 3), Apotheke, Labor und andere (je 1), einmal fehlte die Angabe. 18 Fälle ­ereigneten sich im Routinebetrieb, 1 anlässlich einer Vertretung, 5 im ­Rettungswesen, ein Fall konnte nicht zugeordnet ­werden. Die Häufigkeit ähnlich gelagerter Ereignisse wurde beziffert: täglich (1), monatlich (1), jährlich (3), seltener (10), in 10 Fällen fehlten die Angaben. Die meisten Patienten wurden minimal bis leicht geschädigt, es gab aber durchaus auch mittelschwere bis erhebliche Schädigungen (Abb. 1).
Abbildung 1: Schädigung durch den Zwischenfall (n = 25, keine Angabe 3×).
Als Fehlerquellen wurden angegeben: Fehleinschätzung von Ressourcen (7), Schnittstellenprobleme (6), Beziehung zum Patienten, Instruktion des Patienten, fehlende Zielsetzung, Überweisung (je 1), andere (7), nichtzutreffend (1).
Weitere Faktoren, die das Ereignis begünstigten, sind in Tabelle 1 aufgelistet. Die betroffenen Bereiche sind in Tabelle 2 aufgezählt. An Faktoren, die Schlimmeres verhindert hatten, wurden genannt: Patient (6), Praxis­team (12), andere (3), keine (6), mehrfache Antworten waren erlaubt.
Tabelle 1: Faktoren, die das Ereignis begünstigten.
FaktorAnzahl ­NennungenProzent der gültigen Fälle
Kommunikation1666,7
Andere1145,8
Teamfaktoren 833,3
Organisation 625,0
Medikation 625,0
Probleme der Mitarbeiter 520,8
Patientenfaktoren 312,5
Technisch-apparative Probleme 312,5
Ausbildungsstand 1 4,2
Lage der Praxis 1 4,2
Total Antworten:60 
Anzahl Meldungen 25 (1 nichtzutreffend), n = 24, mehrfache Antwort erlaubt.
Tabelle 2: Betroffene Bereiche.
BereichAnzahl ­NennungenProzent der gültigen Fälle
Medikation1150,0
Kommunikation 940,9
Diagnostik 731,8
Technik 418,2
Dokumentation 313,6
Nicht-medikamentöse Therapie 313,6
Überweisung 313,6
Spitex/Heime 1 4,5
Total 40 
Anzahl Meldungen 25 (3 nichtzutreffend), n = 22, mehrfache Antwort erlaubt.
Auf die Frage, wo angesetzt werden müsste, um ähnliche Fehler in Zukunft vermeiden zu können, antworteten die Befragten: Eigene Praxis (15), Spital (3), Spitex/Heime (2), Spezialärzte und Apotheke (je 1), andere (3), nichtzutreffend (1).
Die nach dem Ereignis getroffenen Massnahmen sind in Tabelle 3 dargestellt. Neben dem (obligaten) Kommentar des Moderators erzeugten die Meldungen durchschnittlich 1,5 Wortmeldungen aus dem Kreis der knapp 800 registrierten Forumsnutzer.
Tabelle 3: Nach dem Ereignis ergriffene Massnahmen.
MassnahmeAnzahl ­NennungenProzent der gültigen Fälle
Andere1248,0
Praxisorganisation 927,7
Absprache mit anderen ­Institutionen 416,0
Ausbildung der Mitarbeiter 416,0
Technisch-apparative ­Anpassungen 2 8,0
Keine 2 8,0
Total33 
Anzahl Meldungen 25, mehrfache Antwort erlaubt.

Welche Konsequenzen wurden gezogen?

Auffallend ist, dass meist nicht etwa der Ausbildungsstand oder technisch-apparative Probleme ursächlich beteiligt waren, sondern oft kommunikative oder Team-Faktoren. Nicht unerwartet war die Medikation ein sensibler Bereich, der für kritische Zwischenfälle anfällig ist. Am häufigsten wurden in der Folge eines kritischen Ereignisses die Praxisorganisation, das heisst die Abläufe im Praxisalltag, angepasst, ferner die Absprache mit Mitarbeitern und mit anderen Institutionen optimiert.
Die 25 ausgewerteten Fälle entsprachen einer Melde-Frequenz von etwas mehr als zwei pro Monat; es sind ­somit vier- bis fünfmal mehr Eingaben gemacht worden als unter dem alten Regime von KHM/CirsMedical.

Weiterentwicklung des Systems

In seiner Sitzung vom 29. Mai 2018 beschloss der ­Vorstand der SGAIM, das laufende System weiterzuführen und uns Moderatoren bis zur nächsten Standortbestimmung Ende 2020 das Mandat zum Betreiben des CIRS-Forums zu erteilen. Im Juli 2018 wurde ein neuer Release des Fragebogens aufgeschaltet, der bisherige logische Inkonsistenzen ausräumen und eine statistische Auswertung der Fälle sowie einen Vergleich mit existierenden Daten aus der Hausarztpraxis erlauben soll. Auch weiterhin sollen periodisch alle zwei bis drei ­Monate Kurzartikel unter dem Titel «CIRS-Flash», die wichtige Fälle inhaltlich schildern, in dieser Zeitschrift veröffentlicht werden.
Wir halten die Reanimation des Meldesystems für geglückt. Wie sehe Sie das? Entscheiden Sie selbst, indem Sie sich auf unserer CIRS-Seite umsehen, und wenn möglich eigene Fälle eingeben oder bestehende kommentieren: www.forum-hausarztmedizin.ch(einmalige Registrierung notwendig).
Markus Gnädinger
Facharzt AIM
Birkenweg 8
CH-9323 Steinach
markus.gnaedinger[at]hin.ch