Auf die langjährige Hoffnungsträgerin des Hausarztnachwuchses
Eine etwas hoffnungslose Laudatio

Auf die langjährige Hoffnungsträgerin des Hausarztnachwuchses

Aktuelles
Ausgabe
2019/05
DOI:
https://doi.org/10.4414/phc-d.2019.10075
Prim Hosp Care Allg Inn Med. 2019;19(05):137

Publiziert am 08.05.2019

Gabriela Rohrer tritt als Präsidentin der Jungen Hausärztinnen und -ärzte Schweiz (JHaS) zurück. Gabriela ist zwar ein alter JHase, Rost hat das Eisen aber mitnichten angesetzt.

1. Versuch

Gabriela Rohrer tritt als Präsidentin der Jungen Hausärztinnen und -ärzte Schweiz (JHaS) zurück. Gabriela ist zwar ein alter JHase, Rost hat das Eisen aber mitnichten angesetzt. Mit der Eröffnung ihrer Landarztpraxis in Flüeli sind nun andere Dinge in den Fokus getreten und es wurde für sie Zeit, «Platz für neue Köpfe und Ideen zu machen». Die Lücke, die sie hinterlässt ...
Geschätzte Leserin, geschätzter Leser, merken Sie es schon? Die Lobeshymne, die angestimmt werden soll, geht schon das erste Mal den Bach runter. Wir sollten uns freuen über die unendliche Arbeit, die Gabi geleistet hat, bisher klingt nur schon die Einleitung wie ein traurig-standardisierter Nachruf, bei dem lediglich Name und Funktion im Verein angepasst werden muss. Das hat ein so wunderbarer Mensch wie Gabi nicht verdient. Wir brechen die Übung hier deshalb ab und starten nochmals.

2. Versuch

Dinge, über die man schreiben sollte, wenn es um ­Gabriela Rohrer geht:
Erstens, Gabriela als Führungsperson: Gabi hat diesen Verein und damit auch einen guten Teil des hausärztlichen Nachwuchses mit ihrer unbeschreiblichen Führungsart geprägt. Dabei stand sie von Anfang an vor einer Herkulesaufgabe: Hausärztinnen und Hausärzte sind oft Leute, die gerne ihr Ding durchziehen. Die eigentlich selbst am besten wissen, wie es geht, zumindest im eigenen Verständnis. Einen Verein zu führen, der voller solcher Leute ist, ist etwas ganz anderes als, sagen wir mal, eine Kuhherde zu führen: Solange sich dort die Leitkuh bewegt, folgt die Herde mehr oder weniger zuverlässig. Würde in einem Hausärzteverein die Leitkuh einfach mal lostrotten, stünde sie rasch alleine da, weil sich die eine Hälfte gar nicht bewegt, die andere in die Gegenrichtung davon zottelt und ein paar übrig gebliebene würden miteinander diskutieren, was nun die Vor- und Nachteile von Herdenverhalten ganz generell sind. Gabi hat es fertig gebracht, diesen über die letzten Jahre exponentiell wachsenden Verein zu halten und irgendwie die Herde immer wieder in den Stall zu bringen.
Geschätzte Leserin, geschätzter Leser, Sie merken es. Der Schreiberling hat sich bereits ein zweites Mal so verrannt, dass die klug gemeinte Analogie in einer Laudatio einer unwahrscheinlich guten Person darin endet, dass eben jene als Kuh bezeichnet wird und der Rest als störrische Bande. Dabei, liebe Gabi, dass weisst Du ganz genau, war das gar nie die Absicht. Es sind genau auch die Momente, in denen Gabrielas scharfer Verstand in Zukunft fehlen wird. Normalerweise hätte der Textentwurf, hätte man sich so verrannt, kurz an Gabi geschickt werden müssen, dann wäre ein Telefonat gekommen, man würde ihr herzliches Lachen hören. Sie wüsste sofort, wo der Hund begraben liegt und würde den angestrengten Schreiberling mit einem gekonnten Nebensatz im Text aus der Misere befreien. Weil: Gabi weiss eigentlich immer, was zu sagen ist. Auch dies übrigens eine Fähigkeit, die erwähnt werden sollte, wenn über Gabi geschrieben wird: Diejenige, aufmerksam zuzuhören, das Problem zu erkennen, die Quintessenz heraus zu kristallisieren und für alle deutlich zu formulieren. Damit zurück.
Zweitens, Gabriela als Unterstützerin: Als Vertreter/-innen der jüngeren Hausärztegeneration werden wir immer wieder an Podien eingeladen, um zu erklären, was wir eigentlich brauchen und wollen. Wann immer ein – sogar für JHasen-Verhältnisse – Grünschnabel eingeladen wurde, konnte man sich darauf verlassen, dass da irgendwo Gabi im Publikum sass, aufmerksam die Diskussion verfolgte und wenn es nötig wurde mit einem pointierten Kommentar im richtigen Moment den weiteren guten Verlauf der Diskussion ebnete. Gabi tat dies jeweils so, dass das Publikum zustimmte, ohne sich dabei selbst in den Mittelpunkt zu setzen.
Drittens, Gabriela als Gabriela: Sie sagte immer wieder, sie habe Freude und sei schon auch «echli stolz», die Präsidentin der JHaS zu sein. Wenn man dabei ihr strahlendes Gesicht gesehen hat, wusste man, dass die Freude dabei nicht aus einer befriedigten Geltungssucht heraus gekommen ist, sondern dass es ehrliche, bodenständige Freude war, Teil einer so gut funktionierenden Bewegung zu sein. Gabi ist in einem hochpolitischen Umfeld oftmals erfreulich wenig klischeehaft und nie eine Fahne im Wind gewesen. Sie sagt nie einfach das, was das Gegenüber hören will, sondern sehr gerade heraus, was sie denkt, ohne dabei als Planierraupe aufzutreten.
Liebe Leserinnen und Leser, ich hab’s selbst gemerkt. Der mit den Vergleichen und überspitzten Darstellungen wird nichts mehr, bei einem stets so bodenständigen, geerdeten Menschen wie Gabi wirkt das einfach nicht. Es wird das Beste sein, wenn man Gabi dankt, so wie sie ist: ­Gerade heraus, ohne Schnörkel, ehrlich.

3. Versuch

Liebe Gabi, Du bist ein unfassbar toller Mensch und ich, wir alle, bewundern Dich. Mit Dir zu arbeiten hat so viel Spass gemacht, echt. Wir werden Dich an den Vorstands­sitzungen vermissen. 1000 Mal tausend Dank für die unendliche Arbeit, die Du für die Zukunft der Hausarztmedizin der Schweiz und auch für viele von uns persönlich geleistet hast. Mehr will ich gar nicht ­schreiben, sonst werde ich emotional und langatmig, Letzteres magst Du ja nicht. Ich freu mich auf das nächste Bier mit Dir, wir sehen uns.
Herzlich,
Einer von vielen
Sandra Hügli-Jost
Kommunikations­beauftragte
mfe Haus- und Kinderärzte Schweiz
Geschäftsstelle
Effingerstrasse 2
CH-3011 Bern
sandra.huegli[at]hausaerzteschweiz.ch