
Aktuelles
10 Jahre mfe
Ein hausärztliches Symposium mit Blick in Vergangenheit und Zukunft
Kommunikationsverantwortliche mfe Haus- und Kinderärzte Schweiz
Im September 2009 gründete ein engagiertes Team von Haus- und Kinderärztinnen und -ärzten den Verband «Hausärzte Schweiz». Genau 10 Jahre später, als Geburtstagsgeschenk und Höhepunkt der einjährigen Jubiläumskampagne, fand am 26. September im Berner Rathaus das erste gesundheitspolitische Symposium dieses Verbandes statt. Es gibt für mfe – Haus- und Kinderärzte Schweiz, wie er nun heisst, viele Erfolge zu feiern – aber noch mehr Gründe, gemeinsam und zuversichtlich in eine aktive und hoffentlich erfolgreiche Verbandszukunft zu blicken.
Rezepte für eine gesunde Schweiz
Über 180 Gäste folgten der Einladung von mfe. Gerade im Zeichen des Wahlkampfs erhielt das Motto «Rezepte für eine gesunde Schweiz» zusätzliche Brisanz. Jede Partei, fast jede Kandidatin und jeder Kandidat positioniert sich mit Patentlösungen rund um das «kranke» Gesundheitswesen. Als Verband der Haus- und Kinderärztinnen und -ärzte war es unser Ziel, im Rahmen dieses Symposiums eine andere Diskussion zu führen – kompetent, unkonventionell und vor allem umfassend. Klar ist: Die Schweiz hat weltweit eines der besten Gesundheitssysteme und zwar für alle und nicht für einige wenige. Dies muss unter allen Umständen bewahrt werden, entsprechend werden keine kurzfristigen Patentlösungen wirken, sondern nur langfristige und durchdachte Lösungsansätze. Was wir Haus- und Kinderärzte längst wissen, wurde den Teilnehmerinnen und Teilnehmern an diesem Symposium noch einmal bewusst gemacht: Ein bezahlbares Gesundheitswesen mit hoher Qualität geht nur über eine starke Hausarztmedizin!
Zu den zahlreichen Gästen und Referenten gehörte die Nationalrätin, Hausärztin und «höchste Schweizerin» Marina Carobbio. Die Nationalratspräsidentin liess es sich trotz laufender Session nicht nehmen, das Wort an die Feiernden zu richten. Zwei weitere Hausärzte im Nationalrat waren ebenfalls dabei, Angelo Barrile und Pierre-Alain Fridez. Ferner der Direktor des BAG, die FMH vertreten durch den Präsidenten und zwei Vorstandsmitglieder, die SGAIM (Präsidium und Geschäftsführung) als Mitbegründerin von mfe, die JHaS (Präsidium), die FMCH (Präsident), Kinderärzte Schweiz (Präsidium), die SAMW (Präsident), santésuisse (Direktorin), die Gesundheitsdirektorenkonferenz, der Gemeindeverband, pharmasuisse, swimsa, die Hausarztinstitute Genf, Lausanne und Basel, die Gesundheitsligen, die Spitex, der Berufsverband der Pflegefachkräfte SBK, zahlreiche Kantonsärztinnen und -ärzte, kantonale Politiker/-innen sowie Vertreter/-innen von Versicherungen und politischen Parteien.
Die Nationalratspräsidentin und die beiden Nationalräte betonten in ihren Beiträgen die Wichtigkeit des politischen Engagements der Ärzteschaft. Nach wie vor habe die Ärzteschaft, gemessen an ihrer Bedeutung für die Bevölkerung, viel zu wenig Einfluss auf die politischen Entscheide. Dies müsse sich ändern. Mehr Ärztinnen und Ärzte – möglichst aus unterschiedlichen Parteien – sollten sich politisch engagieren, dies als wichtige Ergänzung und Verstärkung zum Engagement der gesundheitspolitischen Verbände wie mfe.
Einblick in das dänische Gesundheitssystem
Gastreferent Professor Roar Maagaard aus Aarhus brachte dem Publikum das dänische Gesundheitssystem näher. Es beruht auf einem strikten «gate-keeping» durch den Allgemeinmediziner. Der direkte Zugang zu Spezialisten ist nicht möglich, der direkte Zugang zu Spitälern nur in seltenen, dringenden Notfällen. Die GPs (general practitioners) sind selbständig, beziehen ungefähr einen Drittel ihres Lohnes als Fixum und stellen die anderen zwei Drittel als Einzelleistungen in Rechnung. Die Gesundheitsversorgung ist für Patient/-innen kostenfrei und, gemessen am Bruttosozialprodukt, etwas günstiger als in der Schweiz. Die GPs geniessen in Dänemark hohes Ansehen. Einerseits sind sie die primären Ansprechpartner für alle Gesundheitsfragen, anderseits können sie diese – ebenso wie wir in der Schweiz –zu einem hohen Prozentsatz selbständig lösen. Die Weiterbildungszeit der GPs wurde erhöht und derjenigen der Spezialist/-innen gleichgestellt. Auch die Löhne wurden denjenigen der Fachspezialist/-innen angeglichen. Dieses erfolgreiche Modell bestärkt auch uns darin, die Rahmenbedingungen für Haus- und Kinderärzte in der Schweiz nachhaltig zu verbessern.
Hochkarätiges Podium
Die politische Podiumsdiskussion wurde von Marc Müller, dem Mitbegründer und langjährigen Präsidenten von mfe, geleitet und drehte sich um die Themen Versorgung, Patientenbedarf, Interprofessionalität, Prävention und Kosten. Diskutiert haben in dieser Runde Heidi Zinggeler Fuhrer, Vize-Präsidentin von mfe, Yvonne Gilli, Zentralvorstandsmitglied der FMH, Yvonne Ribi, Geschäftsführerin des SBK, Philomena Colatrella, CEO der CSS, Pascal Strupler, Direktor des BAG, sowie Jörg Kündig, Vorstandsmitglied des Schweizerischen Gemeindeverbandes. Die spannende und angeregte Diskussion zeigte auf, dass Haus- und Kinderärztinnen und -ärzte im Kontext der Politik klar die Positionen der Patient/-innen vertreten sollten – niemand sonst kenne ihre Bedürfnisse besser, und zudem sei die Stimme der Patient/-innen in den aktuellen Diskussionen zu schwach, der Fokus liege einzig und allein auf den Finanzen. Ein weiterer Faktor, der immer wieder erwähnt wurde: Die Prävention werde nach wie vor zu wenig stark gewichtet. Zwar gehen diverse nationale und kantonale Projekte in die richtige Richtung, auch die Krankenversicherer haben das Thema inzwischen entdeckt und bearbeiten es individuell. Gesucht und gefordert ist hier aber eine grossflächige Akzeptanz, auf dass die präventiven Tätigkeiten wertgeschätzt und entsprechend vergütet werden; denn noch immer ist klar erwiesen, dass dies langfristig zu einer Kostenreduktion in anderen Bereichen führt.
Hausarztmedizin 2030
Abschliessend präsentierten Regula Kronenberg (Präsidentin JHaS, für die Jungen), Johanna Sommer (UIGP, für die Lehre), Andreas Zeller (IHAMB, für die Forschung) und Philippe Luchsinger (mfe, für die Politik) ihre ganz persönlichen Visionen der Hausarztpraxis 2030. Interessanterweise spannten diese Visionen wieder den Bogen zum Einführungsreferat «Modell Dänemark». Die haus- und kinderärztliche Wunschliste für die Zukunft ist in Dänemark teilweise bereits Realität:
– Attraktive Arbeitsbedingungen mit Platz für die Familie;
– Fokus auf der Arbeit am Patienten und weniger auf der Administration;
– Hausärztin als passionierte und pädagogisch gewiefte Lehrerin;
– Hausarzt als innovativer und engagierter Forscher;
– Hausärztin als Spezialistin für gesundheitspolitische Fragen.
Der Beitrag über das Symposium wäre nicht vollständig, ohne auf die tragende Rolle von François Héritier, dem Gründungsmitglied und Vizepräsidenten von mfe hinzuweisen, der als Moderator durch die Schlussvisionen zur Hausarztmedizin 2030 führte, einem seiner Lieblingsthemen. Das Symposium war nicht nur das Ende des Jubiläumsjahres, sondern auch das Ende der «Ära Héritier» im Vorstand von mfe. Seine unvergleichliche Art, seine emotionalen Reden, mit denen er die Menschen für die Hausarztmedizin zu begeistern wusste, werden uns sehr fehlen.
Ein denkwürdiger Abschluss für François und für das Symposium war das gemeinsame «Happy Birthday to nous» mit allen Gästen; ein emotionaler Augenblick, der alle Anwesenden berührte. Kurz: Ein Hoch auf die Hausarztmedizin der Zukunft und für ein Gesundheitswesen, auf das wir stolz sein können. Dafür wird sich mfe, gemeinsam mit seinen 4800 Mitgliedern, auch die nächsten zehn Jahre vehement einsetzen.
Impressionen und ein Kurzfilm zu den Rezepten der Parteien für eine gesunde Schweiz: http://symposium.hausaerzteschweiz.ch/gallery/index.html
Visionen für die Hausarztmedizin
• Der Patient ist Experte für seine Krankheit.
• Die Hausarztmedizin ist das Zentrum der Gesundheitsversorgung.
• Der Grundsatz Optimum statt Maximum prägt das Gesundheitswesen der Zukunft.
• Die Hausarztmedizin steht für eine exzellente, sinnvolle, effiziente und patientennahe Medizin.
Redaktionelle Verantwortung:
Sandra Hügli, mfe
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