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Publiziert am 05.02.2020
Denial ist in Zusammenhang mit schweren körperlichen Erkrankungen wie Krebs eine häufig beobachtbare Reaktion und kann in allen Phasen der Krankheitsbewältigung auftreten.
Tabelle 1: Mögliche Gründe für fehlendes Ansprechen auf die Bemühungen, Verleugnung zu adressieren [31]. |
Neuropsychiatrische Störungen mit Einschränkung von Wahrnehmung, Kognition oder Reaktionsbereitschaft |
Störungen des Frontallappens mit Aufmerksamkeitsstörungen oder gestörten exekutiven Funktionen |
Störungen des Parietallappens mit Neglekt/Anosognosie |
Demenz |
Störung der Konzentration und Aufmerksamkeit in Verbindung mit Medikation |
Nicht erkanntes Delir, subsyndromale delirante Symptomatik |
Psychiatrische Störungen mit verzerrter Wahrnehmung der Realität und reduzierter Verständnisfähigkeit |
Schizophrenie, andere Erkrankungen aus dem psychotischen Formenkreis |
Pathologisches Misstrauen gegenüber Ärzten (Paranoia) |
Schwere Depression mit Hoffnungslosigkeit, Nihilismus |
Schwere Angststörung |
Abhängigkeitserkrankungen |
Akute Intoxikation |
Chronische Abhängigkeit von Alkohol oder anderen Drogen |
Psychosoziale Belastungsfaktoren |
Keine Versicherungsdeckung bei Arbeitsunfähigkeit |
Ausstehende Zahlungen an die Krankenkasse |
Familiäre Alleinversorger |
Soziale Isolation, fehlende soziale Resonanz |
Familiäre Konflikte |
Schwierigkeiten in der Arzt-Patienten-Beziehung |
Aufklärung über die Diagnose unzureichend/unklar/verschwommen |
Negative Erfahrungen mit dem Gesundheitssystem |
In der Anamnese eigene oder familiäre belastende Erfahrungen mit Krankheit/Krebs |
Emotionale Unreife |
Tabelle 2: Kommunikation mit Patienten in der Verleugnung [19]. | |
Strategie | Beispiele |
Ausschluss von ungenügender Information, Missverständnissen oder kognitiver Störung. | «Könnten Sie mir in Ihren eigenen Worten erzählen, was Sie über Ihre Krankheit wissen?»; «Um sicherzugehen, dass ich Sie richtig verstanden habe, Sie denken…» |
An die aktiv erfragten Patientenbedürfnisse angepasste Darbietung und Dosierung der medizinischen Information und Klärung der Behandlungsziele. | «Menschen haben unterschiedliche Bedürfnisse in Bezug auf die Information. Sind Sie eher jemand, der die medizinischen Informationen genau bis ins Detail wissen möchte oder bevorzugen Sie eher eine zusammenfassende Information?» |
Einschätzung der Adaptivität der Verleugnung mit Klärung eines Einflusses auf den Interventionsbedarf bezüglich des Denial. | «Darf ich Sie fragen, wie Sie die Krankheit bewältigen?»; «Fühlen Sie sich im Alltag aktuell auf der Arbeit, in der Familie oder bei Freizeitaktivitäten durch die Krankheit beeinträchtigt?»; «Haben Sie sich in Bezug auf die empfohlenen Therapien schon entscheiden können?»; Bei Ablehnung: «Können Sie mir nochmals Ihre Sichtweise schildern, wie Sie zu der Entscheidung gekommen sind, keine weiteren Untersuchungen/Therapien durchführen zu lassen?»; «Wie schätzen Sie mögliche Folgen dieser Entscheidung ein?» |
Empathische Exploration der emotionalen Hintergründe der Angst; Anerkennung, Validierung und Normalisierung der unangenehmen Gefühle, welche die Erkrankung auslöst. Angebot von Hilfe/Unterstützung. | «Wie fühlen Sie sich mit der Krankheit?»; «Ich nehme wahr, dass Sie verunsichert sind und die möglichen Nebenwirkungen der Chemotherapie Ihnen Sorge bereiten. Das geht den meisten Menschen so.»; «Vor dem Hintergrund ihrer schlimmen Erfahrungen in ihrer Familie mit Krebs, muss die Diagnose für sie besonders schockierend sein…»; «Bitte lassen Sie mich wissen, wenn ich etwas sage, was Sie verunsichert.»; «Bitte sagen Sie mir, wenn ich etwas tun kann, dass es Ihnen besser geht.»; «Viele Menschen in Ihrer Situation nehmen psychoonkologische Hilfe in Anspruch (z.B. besuchen eine Selbsthilfegruppe), könnte das etwas für Sie sein?» |
Bei maladaptivem Denial: Identifikation und vorsichtige Herausarbeitung möglicher Ambivalenzen/Widersprüche im Patientennarrativ im offenen Dialog. Ermutigung zu Optimismus und Hoffnung. Einbezug von Familie und Behandlungsteam. | «Könnten Sie mir erklären, warum Sie diese Läsion für eine Entzündung halten?»; «Gibt es eventuell, wenn auch nur ganz kurze, Momente, wo Sie sich Ihrer Einschätzung nicht ganz so sicher sind?»; «Hat der Verlauf der letzten Monate etwas an Ihrer Einschätzung geändert?»; «Wie denkt Ihre Frau darüber?»; «Ich höre heraus, dass ein Teil von Ihnen in Betracht zieht, dass es allenfalls doch ernster sein könnte? Liege ich damit richtig?» |
Verlaufsbeobachtung des Denial. Vereinbarung eines neuen Behandlungstermins. | «Ich habe verstanden, wie Sie momentan über die Krankheit denken. Mir wäre es wichtig, Sie in xy Wochen wiederzusehen, um zu hören, wie es Ihnen geht und mit Ihnen weiter zu sprechen.» |
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