Handprobleme treten in der hausärztlichen Praxis regelmässig auf. In diesem Artikel wird auf die häufigsten Krankheitsbilder der Hand eingegangen und die Kortisoninfiltrationstechnik Schritt für Schritt erklärt.
Allgemeines zur Infiltration
Vor jeder Infiltration wird die Einstichstelle ausreichend mit einer alkoholischen Lösung behandelt. Die Einwirkzeit muss gemäss Angaben des Herstellers berücksichtigt werden (z.B. Softasept® N, Einwirkzeit mindestens 1 min.). Sterile Handschuhe, Mundschutz, Kopfbedeckung oder Abdeckungen halten wir für nicht zwingend. Wir verwenden für die Infiltrationen im Bereich der Hand eine 2 ml Einwegspritze. Mit dieser wird 1 ml Kortison (z.B. Triamcort® Depot 40 mg/ml) vorbereitet. Meistens mischen wir ein Lokalanästhetikum von ca. 0,5 ml–1 ml (z.B. Rapidocain 1% oder 2%) bei, um Nebenwirkungen wie Schmerzen im Infiltrationsbereich zu reduzieren. Je nach Infiltrationsort benutzen wir Kanülen zwischen 24G und 26G.
Zu den gefürchteten Nebenwirkungen zählen die Atrophie und Depigmentierung der Haut und des subkutanen Fettgewebes, vor allem bei weiderholter Behandlung. Eine korrekte Infiltration in die gewünschte Gewebeschicht sollte diese Komplikation verhindern. Diabetiker müssen zudem auf einen möglicherweise stärker erhöhten Insulinbedarf hingewiesen werden. Infiltrationen sind kontraindiziert, wenn der Verdacht einer bakteriellen Infektion besteht.
Karpaltunnelsyndrom
Definition
Beim Karpaltunnelsyndrom (KTS) handelt es ich um eine Kompressionsschädigung des Nervus medianus im osteofibrösen Karpalkanal.
Klinik
Initial klagen die Patienten über nächtliche Kribbelparästhesien in den vom N. medianus versorgten Fingern (Daumen, Zeige- und Mittelfinger, radiale Seite Ringfinger). Mit fortschreitender Erkrankung kann das Taubheitsgefühl permanent werden und dann in einer Thenar-Atrophie enden.
Klinische Provokationstests wie das Hoffmann-Tinel-Zeichen, der Phalen- oder Durkan-Test können helfen, die Diagnose eines KTS zu bestätigen [1–3]. Zu einem positiven Hoffmann-Tinel-Zeichen kommt es beim Beklopfen des N. medianus am Eingang des Karpalkanals mit Kribbelparästhesien im Daumen, Zeigefinger und Mittelfinger. Der Phalen-Test ist positiv, wenn es bei einer Flexionsstellung im Handgelenk innerhalb 60 Sekunden zu Kribbelparästhesien in den Medianus-versorgten Fingern kommt. Beim Durkan-Test erfolgt eine Kompression auf den Karpalkanal (Abb. 1).
Diagnostik
Als Zusatzdiagnostik dient die elektrophysiologische Abklärung. Es wird die motorische Überleitungszeit (distal motorische Latenz) des N. medianus zwischen dem Stimulationsort am Handgelenk und der von diesem Nerv innervierten Daumenballenmuskulatur gemessen. In seltenen Fällen besteht eine Karpaltunnelproblematik bei normaler Elektroneurographie. In solchen Fällen empfehlen wir die Durchführung einer Sonographie und/oder (fakultativ ultraschallgesteuerten) Steroidinfiltration in den Karpalkanal. Dabei erfolgt die Infiltration zwischen der Palmaris-longus-Sehne und dem Os pisiforme auf Höhe der Raszetta. Gestochen wird 45° nach distal und 45° nach radial, tief bis zum Karpus und 1 cm zurückgezogen (Abb. 1). Spricht der Patient trotz negativer Elektrophysiologie auf die Infiltration an, darf man von einer Karpaltunnelproblematik ausgehen.
Therapie
Eine Handgelenksmanschette in Neutralstellung wirkt gegen die im Schlaf automatisch eingenommene Flexionsstellung und ist besonders in frühen Stadien geeignet wie auch in der Schwangerschaft, wo sich in der Regel die Symptomatik postpartum rasch bessert.
Eine Steroidinfiltration in den Karpalkanal wird vor allem zur Diagnosesicherung bei unklarer Symptomatik oder unklarer Elektrophysiologie gestellt. Hingegen kann in der Schwangerschaft eine einmalige Steroidinfiltration in den Karpalkanal durchgeführt werden, falls es im letzten Trimester unter der Schienentherapie zu keiner Besserung der Symptome kommt [4]. Vorsicht ist geboten bei einem Schwangerschaftsdiabetes.
Bleibt die konservative Therapie über längere Zeit erfolglos, oder ist das Karpaltunnelsyndrom so weit fortgeschritten, dass eine Atrophie der Thenarmuskulatur oder permanente Hyposensibilitäten aufgetreten sind, wird die ambulante Operation empfohlen. Goldstandard ist die offene Dekompression des N. medianus. Die heute bevorzugte Standardinzision liegt über eine Länge von ca. 3 cm ulnar der Thenarfalte im Verlauf des 4. Strahles. Danach erfolgt die Längsspaltung des Retinaculum flexorum. Bei einem Rezidiveingriff ist ein grösserer Zugang sinnvoll, da der Nerv aus dem Narbengewebe sicherer präpariert und allenfalls zur Deckung des Nervs auch eine Gewebeplastik durchgeführt werden kann (z.B. Fettlappenplastik aus dem Hypothenar, Synovialgewebe, Lappenplastiken aus dem Unterarm). Bei der endoskopischen Technik wird über eine quere kurze Inzision in der Handgelenkbeugefalte eine Hülse mit integrierter Optik und Messer über einen pistolenartigen Griff eingebracht. Das Retinaculum flexorum wird hier unter Zurückziehen der Klinge komplett durchtrennt. Die Operationsergebnisse der endoskopischen Technik sind insgesamt vergleichbar mit denen der offenen Operation.
Zur Nachbehandlung empfehlen wir an unserer Klinik das Tragen einer Handgelenksmanschette in den ersten 14 Tagen postoperativ bis zur Fadenentfernung.
Bei der Tendovaginitis stenosans kommt es zu einer Passagestörung der Beugesehne durch das Ringbangsystem infolge Kalibersprung in der Sehne (Knötchen) und Degeneration des ersten Ringbandes (A1), bedingt durch chronische Tenosynovitis.
Klinik
Die Patient/-innen berichten typischerweise über ein Schnappen im proximalen Interphalangealgelenk (PIP) der Langfinger oder im Interphalangealgelenk (IP) des Daumens, dies vor allem morgens. Bei schwerer Ausprägung findet sich sogar ein fixierter/steifer Finger in Flexion oder Extension.
Diagnostik
Die Druckdolenzen finden sich über dem A1-Ringband auf Höhe der distalen Hohlhandbeugefurche. Hier kann auch die verdickte Sehne, bzw. der Sehnenknoten palpiert sowie gelegentlich das Triggerphänomen ausgelöst werden.
Ultrasonographisch kann beim passiven Beugen unmittelbar distal des A1-Ringbandes eine Blockade der Sehne mit typischem Aufkrempeln bzw. Handorgelphänomen gesehen werden. Das A1-Ringband ist meistens verdickt.
Therapie
Die initiale Therapie besteht aus abschwellenden Massnahmen und nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR). Kommt es darunter zu keiner wesentlichen Besserung, erfolgt die Steroidinfiltration in die Beugesehnenscheide, die bei fehlendem Ansprechen zwei- bis viermonatlich wiederholt werden kann. Die Infiltration wird in der Mittellinie des Grundgliedes, zwischen proximaler und mittlerer Fingerbeugefalte durchgeführt (Abb. 2a). Dabei wird durch das Ringband und die Sehne bis auf den Knochen gestochen, die Nadel ein wenig zurückgezogen und dann infiltriert (Abb. 2b). Über dem A5-Ringband kann das Injektat palpiert werden. Das gleiche Vorgehen erfolgt auch am Daumen (Abb. 2c).
Sind die konservativen Therapiemassnahmen ausgeschöpft, wird die Indikation zur operativen Ringbandspaltung in Lokalanästhesie gestellt. Postoperativ ist bei diesem Eingriff keine Ruhigstellung notwendig, die Finger dürfen und sollen sofort mobilisiert werden.
Tenosynovitis de Quervain
Definition
Bei der Sehnenscheidenentzündung des ersten Strecksehnenfaches (Tenosynovitis de Quervain) handelt es sich um eine Irritation der Sehne des Musculus extensor pollicis brevis und Musculus abductor pollicis longus bei der Passage der entzündlich verdickten Sehnen durch das dann relativ enge erste Strecksehnenfach [5].
Klinik
Die Patient/-innen berichten über Schmerzen, Schwellung sowie ausnahmsweise Krepitation über dem ersten Strecksehnenfach. Auch können in einem fortgeschrittenen Stadium eine Blockade des Daumens in Extension oder Flexion sowie ein Kraftverlust zum Beispiel beim Pfannenheben auftreten.
Diagnostik
Dieses Krankheitsbild geht mit einer Druckschmerzhaftigkeit über dem Radiusstyloid im Verlauf des ersten Strecksehnenfaches sowie mit einem positiven Finkelstein-Test einher [6]. Hierbei treten Schmerzen im ersten Strecksehnenfach auf bei einer Ulnarabduktion des Handgelenkes mit gebeugtem Daumen und Faustschluss (Abb. 3a).
Ultrasonographisch zeigt sich häufig eine Verdickung des Retinaculum extensorum um ein Mehrfaches. Flüssigkeitkollektionen finden sich dabei meistens distal und proximal des osteofibrösen Kanals.
Therapie
Primär erfolgt die Ruhigstellung in einer Handgelenksmanschette mit Daumeneinschluss sowie die lokale und systemische NSAR-Gabe. Kommt es darunter zu keiner Besserung der Symptome, kann als nächster Schritt eine Steroidinfiltration durchgeführt werden. Dabei wird die Kanüle in das erste Strecksehnenfach von proximal durch die Sehne bis auf den Knochen gestochen (Abb. 3b). Es muss beachtet werden, dass die Extensor pollicis brevis-Sehne in einem separaten Fach laufen kann, das sonographisch gut darstellbar ist.
Kommt es nach zweimaliger Infiltration zu keiner Besserung der Beschwerden, erfolgt die Erweiterungsplastik des ersten Strecksehnenfaches unter ambulanten Bedingungen. Im Anschluss wird das Handgelenk für zwei Wochen bis zur Fadenentfernung ruhiggestellt.
Rhizarthrose
Definition
Bei der Rhizarthrose handelt es sich um eine degenerative schmerzhafte Arthrose des Daumensattelgelenkes (= Trapeziometakarpalgelenk, TMC).
Klinik
Der Beginn der Erkrankung erfolgt langsam mit belastungsabhängigen Schmerzen, die sich im Ruhezustand wieder legen. Die Intensität der Beschwerden nimmt im Verlauf der Monate und Jahre zu, bis selbst geringe Belastungen Schmerzen hervorrufen, und die Beschwerden auch in Ruhe nicht mehr vollständig zurückgehen. Besonders charakteristisch ist die Greifschwäche des Daumens und Schmerzen bei Dreh-bewegungen (z.B. Aufschrauben eines Deckels, Öffnen eines Türschlosses). Um die Bewegungseinschränkung des betroffenen Gelenks teilweise zu kompensieren, kann es zu einer Fehlstellung der Nachbargelenke wie zum Beispiel der Überstreckung des Daumengrundgelenkes kommen.
Diagnostik
Es findet sich ein lokaler Druckschmerz an der palmar-radialen Ecke des TMC-Gelenkes. Auch findet man einen Achsenstauchschmerz mit Krepitieren bei Drehbewegung. Im Röntgenbild können Arthrosezeichen im Sinne von subchondraler Sklerosierung, Gelenkspaltverschmälerung, Osteophyten- sowie Knochenzystenbildung gesehen werden.
Therapie
Bei leichten Beschwerden helfen häufig Schonung und eine befristete Immobilisierung durch eine spezielle Schiene (Daumenneoprenmanschette). Zudem können zusätzlich lokal wirkende entzündungshemmende Medikamente eingesetzt werden. Um weitere Fehl- und Überbelastungen zu vermeiden, können auch die Prinzipien des Gelenkschutzes mittels Ergotherapie erlernt werden. Helfen diese Massnahmen nicht mehr, kann eine Kortisonspritze gezielt ins betroffene Sattelgelenk eine recht langanhaltende Linderung der Beschwerden bewirken. Hierbei erfolgt die Infiltration am distalen Ende der Tabatière. Der Gelenkspalt wird palpiert und mit dem Fingernagel markiert. Nach Desinfektion wird am Daumen gezogen, um eine Distraktion im Sattelgelenk zu erreichen, 45° nach distal bis ins Gelenk gestochen und Kortison mit Lokalanästhetikum infiltriert (Abb. 4).
Sind die Beschwerden sehr ausgeprägt und alle Möglichkeiten ausgeschöpft, müssen operative Therapien diskutiert werden. Auch hier gibt es verschiedene Behandlungsmöglichkeiten. Das am häufigsten verwendete Verfahren ist die Trapeziektomie mit Suspension-Interpositionsarthroplastik mit der Hälfte der Flexor carpi radialis-Sehne. Neben dieser Methode gibt es auch die Möglichkeit, das zerstörte Gelenk durch eine Prothese zu ersetzen oder das Sattelgelenk zu versteifen (Arthrodese). Eine operative Behandlung wird meistens stationär durchgeführt, und im Anschluss der Daumen für sechs Wochen ruhigstellt. Die Ergotherapie wird zur Verbesserung der Daumenbeweglichkeit und zum Kraftaufbau für drei bis sechs Monate weitergeführt.
Polyarthrose
Definition
Die Fingerpolyarthrose ist eine degenerative Erkrankung der distalen Interphalangealgelenke (DIP) sowie der proximalen Interphalangealgelenke (PIP) und wird auch Heberden-Arthrose (DIP-Gelenk) oder Bouchard-Arthrose (PIP-Gelenk) genannt. Eine genetische Prädisposition begünstigt die Erkrankung.
Klinik
Die Patient/-innen klagen über Schmerzen bei Belastung, und bei aktivierter Arthrose auch über Schmerzen in Ruhe. Im fortgeschrittenen Stadium kann es zu einer erheblichen Bewegungseinschränkung mit damit verbundenen Schmerzen kommen. Auch können sogenannte Mukoidzysten periungual entstehen.
Diagnostik
Häufig handelt es sich um eine Blickdiagnose. Die DIP- und PIP-Gelenke sind geschwollen, und die DIP-Gelenke weisen manchmal eine typische Knotenbildung auf. Die Diagnose kann dann mit einer gezielten Röntgenaufnahme bestätigt werden.
Therapie
Im Anfangsstadium können lokal abschwellende Medikamente oder lokal wirkende Koritsoninfiltrationen für eine bestimmte Zeit Beruhigung bringen. Bei der Kortisoninfiltration mit Lokalanästhetikum wird der Gelenkspalt zuerst mit dem Fingernagel markiert und nach Desinfektion etwas proximal des Gelenkspaltes tangential quer unter die Strecksehne in den Gelenkrezessus (nicht in den Gelenkspalt!) gestochen, um zu infiltrieren (Abb. 5). Die Infiltration kann zwei- bis viermonatlich wiederholt werden.
Operativ wird die Bouchard-Arthrose mittels Arthroplastik und die Heberden-Arthrose in den meisten Fällen mittels Arthrodese behandelt.
Korrespondenz
Dr. med. Lisa Reissner Schulthess Klinik Lengghalde 2 CH-8008 Zürich lisa.reissner[at]kws.ch
Literatur
1 Buch-Jaeger N, Foucher G. Correlation of clinical signs with nerve conduction tests in the diagnosis of carpal tunnel syndrome. J Hand Surg Br. 1994;19:720–4.
2 Phalen GS. The carpaltunnel syndrome. Seventeen years’ experience in diagnosis and treatment of six hundred fiftyfour hands. J Bone Joint Surg Am. 1966;48:211–28.
3 Durkan JA. A new diagnostic test for carpal tunnel syndrome.J Bone Joint Surg Am. 1991;73(4):535–8. Erratum in: J Bone Joint Surg Am. 1992;74(2):311.
4 Burke FD, Ellis J, McKenna H, Bradley MJ. Primary care management of carpal tunnel syndrome. Postgrad Med J. 2003;79:433–7.
5 De Quervain F. On a form of chronic tendovaginitis by dr. Fritz de Quervain in la Chaux-de-Fonds 1895. Am J Orthop (Belle mead, NJ) 1997;26;641–4.
6 Finkelstein H. Stenosing tendovaginitis at the radial styloid process. J Bone Joint Surg. 1930;509–40