CIRS-Flash Nr. 12: Einmal wöchentlich, nicht einmal täglich

CIRS-Flash Nr. 12: Einmal wöchentlich, nicht einmal täglich

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Ausgabe
2020/04
DOI:
https://doi.org/10.4414/phc-d.2020.10208
Prim Hosp Care Allg Inn Med. 2020;20(04):140

Publiziert am 31.03.2020

CIRS-Flash Nr. 12: Einmal wöchentlich, nicht einmal täglich

Patient tritt ins Pflegeheim ein. Die bisherige Medikamenten-­Verordnung wird falsch übernommen: Semaglutid (Ozempic®) wird statt 1× wöchentlich fälschlicherweise 1× täglich ver­abreicht. Der Patient entwickelt Nausea, die dazu führt, dass die Fehlmedikation entdeckt wird.
Kommentar 1: Im Seminar zum Thema «Von Zebras und blinden Flecken – Fehlerkultur in Diagnose, Therapie und Zusammenarbeit (CIRS)» an der SGAIM Herbsttagung 2019 wurden «Zebras» vorgestellt. Ich glaube, dass die nicht-täglich zu verabreichende Medikation ebenfalls ein «Zebra» in unserer «Pferdelandschaft» darstellt und somit anfällig auf Fehler ist.
Kommentar 2: Wichtig ist die kontinuierliche Aufklärung des Personals von Alters- und Pflegeheimen: Eine kurze Mitteilung, dass es zum Beispiel neu auch Diabetesmedikamente gibt, die wie ­Insuline gespritzt werden, aber einen anderen Wirkmechanismus haben und nur 1× wöchentlich appliziert werden. Da sind wir Heimärztinnen und -ärzte wohl auch in der Pflicht.
Kommentar 3: Wie liesse sich dieser Fehler zukünftig ver­meiden? Würde allenfalls eine elektronische Verordnung helfen, welche die Limitationen des Medikaments kennt? Wenn das ­Medikament zugelassen ist für die 1× wöchentliche Verabreichung, und es versehentlich 1× täglich verordnet würde, so könnte das System eine Warnmeldung geben und die Verordnung nicht oder nur begründet akzeptieren. Allenfalls wäre die Prüfung der elektronischen Verordnung durch einen (Heim-)Apotheker eine mögliche Option.
Kommentar 4: Der Fehler ist bei der Übertragung der Medikamentenliste vom Spitalrezept ins System des Heims passiert. Elektronische Systeme sind gut und hilfreich, allerdings produzieren sie eine Unmenge von Warnungen, so dass die wichtigen Dinge dabei untergehen können. Zudem sind sie meist in den Heimen nicht vorhanden. Aus diesem Grund wäre es sinnvoll, wenn das Heim die Medikamentenliste unmittelbar nach der ­Eingabe ins System zum Visum an den Haus- oder Heimarzt weiterleitet. Noch gescheiter wäre es, wenn die Liste einen Tag vor dem Übertritt ins Heim an die Ärztin gehen und von ihr bearbeitet würde. Praktisch ist das aber nicht machbar, so dass nur die Weisung greifen kann: «Alle Änderungen der Medikation müssen zeitnah vom Haus- oder Heimarzt visiert werden».
Für Ihren nächsten Fall: www.forum-hausarztmedizin.ch.
Herzlichen Dank!
Das CIRS Team
Esther Henzi, Dominique Gut, Markus Gnädinger
Dr. med. Markus Gnädinger
Facharzt für Allgemeine Innere Medizin
Birkenweg 8
CH-9323 Steinach
markus.gnaedinger[at]hin.ch