Infektionen in der Praxis

Komplementäre Therapieansätze bei grippalen Infekten, Influenza und COVID-19

Fortbildung
Ausgabe
2021/03
DOI:
https://doi.org/10.4414/phc-d.2021.10329
Prim Hosp Care Allg Inn Med. 2021;21(03):82-89

Affiliations
a Zentrum für Integrative Pädiatrie, Klinik für Pädiatrie, HFR Freiburg – Kantonsspital, Freiburg; b Pädiatrie, Departement für Community Health, mathe­matisch-naturwissenschaftliche und medizinische Fakultät, Universität Freiburg; c FMH Allg. Innere Medizin, FA Homöopathie (SVHA), Präsidentin UNION Schweizerischer komplementärmedizinischer Ärzteorganisationen, Richterswil; d Kinder- und Jugendmedizin, Klinik Arlesheim, Arlesheim; e Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW, Vizepräsidentin Schweizerische Medizinische Gesellschaft für Phytotherapie (SMGP), Wädenswil; f Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW, Institut für Chemie und Biotechnologie, Fachgruppe Naturstoffe und Phyto­pharmazie, ­Wädenswil; g FMH Allg. Innere Medizin, FA Akupunktur – Chinesische Arzneitherapie – TCM (ASA), Präsidentin Assoziation Schweizerischer Ärztege­sellschaften für Akupunktur und chinesische Medizin, Frauenfeld; h Praktischer Arzt, Präsident Schweizerische Ärztegesellschaft für Ayurveda, Seelisberg; i Zentrum für integrative Medizin, Kantonsspital St. Gallen, St. Gallen; j FMH Allg. Innere Medizin, FA Homöopathie (SVHA), Thun; k Praktischer Arzt, FA Homöopathie (SVHA), Stäfa; l Medizinische Universitätsklinik, Infektiologie und Spitalhygiene, Kantonsspital Baselland, Bruderholz, Universität Basel

Publiziert am 02.03.2021

Viele Haus- und Kinderärztinnen und -ärzte sind immer wieder mit Fragen ihrer Patient/-innen konfrontiert, welche Massnahmen sie über die saisonale Grippeimpfung hinaus zur Vorbeugung und Behandlung von grippeähnlichen Erkrankungen, einschliesslich Influenza und neu auch COVID-19, empfehlen würden. Gerade aus dem Bereich der Komplementärmedizin gibt es dafür eine Vielzahl in der Praxis bewährter Verfahren, die wir in diesem Artikel vorstellen möchten.

Infektiologie-Serie

Infektionen und Immun­abwehr sind in der Praxis wichtige Themen. Sie bieten hervorragende Gelege­nheiten zu interdisziplinärer Zusammenarbeit, Überprüfung von gängigen Konzepten und Integration komplementärmedizinischer Sichtweisen. Philip Tarr ist Internist und Infektiologe am Kantonsspital Baselland und leitet das Nationale Forschungsprogramm NFP74 zu Impf­skepsis. Ihm liegt viel an einer patientenzentrierten Medizin und an praxisrelevanten Artikeln, die wir in der Folge in Primary and ­Hospital Care regelmässig publizieren werden.

Einleitung

Influenza und andere grippeähnliche Erkrankungen (influenza-like illnesses, ILI) sind virale Atemwegs­infektionen mit begleitenden Allgemeinsymptomen, die vorwiegend in der kälteren Jahreszeit auftreten [1]. Die klinische Manifestation ist stark variabel und hängt sowohl vom auslösenden Virus als auch von individuellen Wirtsfaktoren ab [2]. Während die Mehrzahl der Erkrankten nur unter leichten Erkältungs­symptomen mit oder ohne Fieber leidet, kommen bei Infektionen mit Influenzaviren und ­insbesondere bei COVID-19 auch schwere Verläufe vor [3–7].
Die wichtigsten Hygienemassnahmen zur Verhinderung von Ansteckungen mit respiratorischen Erregern sind seit der Corona-Krise allgemein bekannt [8]. Eine spezifische Prävention existiert nur für die saisonale Grippe in Form der jährlich angepassten Influenza-Impfung sowie seit kurzem durch verschiedene Impfstoffe gegen COVID-19 [9].
Die konventionelle Medizin fokussiert bei der Therapie ambulanter Patient/-innen auf die Linderung akuter Symptome durch antiinflammatorische, analgetische und antitussive Arzneimittel. Antivirale Medikamente wie Oseltamivir oder Remdesivir sind für die meisten Patient/-innen in der Hausarztpraxis nicht empfohlen [1]. Allerdings kennt wohl jeder erfahrene Hausarzt ­diverse Hausmittel, die neben konventionellen ­Medikamenten eingesetzt werden können. Dazu kommt, dass insbesondere Kolleg/-innen mit einer zusätzlichen Weiterbildung in Komplementärmedizin über ein erweitertes Spektrum an Therapieoptionen verfügen.
Dieser Artikel richtet sich an Haus- und Kinder­ärztinnen und -ärzte und präsentiert eine nicht abschliessende Zusammenstellung von bewährten komplementären Therapie- und Präventionsmassnahmen für grippeähnliche Erkrankungen, einschliesslich Influenza/­COVID-19, bei ambulanten Patienten/-innen. Er beschränkt sich auf die in der UNION Schweizerischer komplementärmedizinischer Ärzteorganisationen vereinigten Fachrichtungen [10].

Bei der Vielzahl und Verschiedenheit komplementärer Therapien, gibt es eine gemeinsame Ratio für den Einsatz von Komplementär­medizin?

Trotz grosser Heterogenität im Spektrum der Komplementärmedizin verbindet die meisten komplemen­tären Therapien das gemeinsame Ziel, die Selbst­heilungskräfte des Organismus zu unterstützen und auf diesem Weg zur Wiederherstellung der Gesundheit beizutragen. In diesem Sinne verfolgt die Komplementärmedizin einen salutogenetischen Ansatz mit Fokus auf gesundmachende Faktoren und Entwicklungs­bedingungen. Demgegenüber hat die konventionelle Medizin mehrheitlich die krankheitsauslösenden ­Faktoren im Blick (pathogenetischer Ansatz). Das Konzept der integrativen Medizin verbindet diese beiden Ansätze [11, 12].

Verschiedene Therapieoptionen für ein ­Krankheitsbild – wie geht das zusammen?

Die Darstellung verschiedener Präventions- und Therapiemethoden für grippeähnliche Erkrankungen drückt den existierenden Methodenpluralismus aus [13] und ermöglicht es, diejenigen Optionen auszu­wählen, die zur eigenen Praxis und den individuellen Patientenbedürfnissen passen. Dies wird den Patient/-innen gerechter als eine «one-size-fits-all»-Strategie, bei der individuelle Aspekte verloren gehen. Die verschiedenen Ansätze der einzelnen Methoden und therapeutischen Spezialdisziplinen widersprechen sich dabei im Kern nicht; sie ergeben sich aus den verschiedenen Perspektiven auf den Menschen in seiner Gesamtheit.

Wie steht es um die Evidenz der im ­Folgenden dargestellten Massnahmen?

Bei allen in diesem Artikel dargestellten Massnahmen handelt es sich um in der Praxis vielfach bewährte Präventions- und Therapiemethoden. Diese Erfahrungen erlauben auch eine Übertragung der Kenntnisse auf die häufigen milden Verläufe des neuen Krankheits­bildes COVID-19. Eine Limitation besteht aufgrund der schmalen Studienlage zur Komplementärmedizin bei Influenza, COVID-19 und ILI. Dies schliesst den Einsatz der genannten Therapieverfahren aber nicht aus, wenn die existierenden Erfahrungen zugrunde gelegt werden und gleichzeitig ein pragmatischer Ansatz betreffend Wirksamkeit und Sicherheit angewendet wird (Tab. 1). Weitere Forschung von hoher methodischer Qualität ist jedoch unabdingbar und sollte gefördert werden.
Tabelle 1: Pragmatischer Leitfaden für Therapieempfehlungen (prinzipiell gültig für alle konventionellen und komplementären Therapien).
Tabelle entnommen mit Genehmigung aus [14] (Übersetzung BMH).

Spielt der Lebensstil eine Rolle im Zusammenhang mit grippeähnlichen Erkrankungen?

Ja. Im Zusammenhang mit COVID-19 wurde einmal mehr deutlich, welche Bedeutung der Lebensstil hat. So stellen gerade die Folgen eines ungesunden Lebensstils wie Übergewicht und assoziierte Komorbiditäten (arterielle Hypertonie, Typ-2-Diabetes) Risikofaktoren für schwere COVID-19-Fälle dar [15]. Elemente eines ­gesunden Lebensstils sind ausgewogene Ernährung mit naturbelassenen und biologisch produzierten ­Lebensmitteln, Verzicht auf Rauchen und übermässigen Alkoholkonsum, ausreichend Bewegung an der ­frischen Luft, genügend Erholung und Schlaf, kreative Tätigkeiten sowie ein tragfähiges soziales Umfeld ­geprägt durch Solidarität und Mitmenschlichkeit. Die klinische Erfahrung zeigt, dass grippeähnliche Erkrankungen häufig dann auftreten, wenn Aspekte des ­Lebensstils aus dem Gleichgewicht geraten sind, weil zum Beispiel berufliche oder seelische Belastungen nicht genügend Ausgleich erfahren oder schlicht die Aufmerksamkeit für eine individuell angemessene Schlafdauer fehlt. Dies wird durch Beobachtungsstudien und experimentelle Untersuchungen gestützt [16–19]. Ein ausgewogener Lebensstil hat damit eine zentrale Bedeutung aus präventivmedizinischer Sicht. Er unterstützt darüber hinaus auch die Wirkung komplementärmedizinischer Massnahmen.

Ist die Unterdrückung von Fieber und Allgemein­symptomen nicht sinnvoll, damit die Absenzen in Beruf oder Schule verkürzt werden?

Nein, im Gegenteil. Es ist sogar zu befürchten, dass die medikamentös ermöglichte frühzeitige Rückkehr an den Arbeitsplatz oder in die Schule zu einer Verbreitung der Erreger beiträgt [20]. COVID-19 hat vielen Menschen die Notwendigkeit ausreichend langer Isolation zum Auskurieren der Erkrankung in Erinnerung gerufen. Auch wenn die meisten ILI-Erreger weniger schwere Verläufe auslösen, sollten Isolationsempfehlungen grundsätzlich für alle Atemwegsinfektionen gelten. Eine pragmatische Regel für die Rückkehr in Schule/Beruf wäre mindestens ein ganzer fieberfreier Tag ohne supprimierende Arzneimittel.

Was gilt es im Umgang mit Fieber zu wissen?

Fieber ist ein häufiges Leitsymptom für grippeähnliche Erkrankungen. Bei starkem Krankheitsgefühl oder Schmerzen kann der Einsatz von Paracetamol oder Ibuprofen sinnvoll sein. Von einer systematischen Fiebersenkung ist aber abzuraten, weil Fieber ein zentraler Mechanismus der immunologischen Selbstregulation ist [21]. Es gibt keine Hinweise, dass Fieber als solches schädlich ist [22]. Auch das Auftreten von Fieberkrämpfen wird durch Antipyretika nicht verringert [23]. Die einzige wissenschaftlich begründete Indikation zur Fiebersenkung ist die Verbesserung des Wohlbefindens [22, 24]. Die Komplementärmedizin bietet hier viele Möglichkeiten. Dazu gehören Hausmittel wie zum Beispiel feuchte Wadenwickel mit Zusatz von Essig oder Zitrone im Rahmen der Entfieberung, aber auch komplementärmedizinische Arzneimittel, die eine regulierende Wirkung auf den Wärmehaushalt haben ohne direkten antipyretischen Effekt.

Phytotherapie

Pflanzliche Arzneimittel gehören zu den populärsten Medikamenten in der Bevölkerung. Welche Rolle spielen sie bei viralen Atemwegsinfektionen?

Arzneimittel aus der Phytotherapie (dazugehörig auch die Aromatherapie) können zur Vorbeugung und Behandlung von Atemwegsinfektionen eingesetzt werden (Tab. 2). Prävention hat in der Phytotherapie eine grosse Bedeutung, weshalb Arzneipflanzen mit immunmodulatorischer und antiviraler Wirkung möglichst frühzeitig angewendet werden sollten. So kann sowohl das primäre Infektionsrisiko als auch das ­Risiko von Komplikationen minimiert werden. Bei den ersten Krankheitszeichen werden dann Symptome wie Halsschmerzen, Schnupfen und Husten mit pflanzlichen Arzneimitteln therapiert, die neben einer lokalen antiviralen Wirkung (z.B. dank Gerbstoffen) auch entzündungshemmende und im Sinne der Sekundärprophylaxe auch antibakterielle Wirkungen haben.
Tabelle 2: Pflanzliche Arzneimittel in der Grundversicherung (SL).
PräparatenameArzneiformInhaltsstoffe Dosierung*
Bei Schnupfen
GeloDuratKapselnEucalypti aeth., Aurantii dulcis aeth., Limonis aeth., Myrti aeth.3–4× tägl. 1 Kaps.
Nasensalbe Rüedi ­Spirig HCSalbeMenthae pip. aetherol., Camphorae sol. oleosa4–5× tägl. etwas Salbe
SinupretSirupGentianae radix extr., Primulae flos extr., Rumicis acetosae herba extr., ­Sambuci flos extr., Verbenae herba extr.3× tägl. 7 ml
SinupretTropfenGentianae radix extr., Primulae flos extr., Rumicis acetosae herba extr., ­Sambuci flos extr., Verbenae herba extr.3× tägl. 50 Tr.
Sinupret forteDragéesGentianae radix, Primulae flos, Rumicis acetosae herba, Sambuci flos, ­Verbenae herba3× tägl. 1 Drag.
Bei Halsschmerzen
Echinamed HalsschmerzSprayEchinaceae purpureae herbae recentis extract. ethanol. liquid., Salviae folium ­recentis tinctura6–10× tägl. 2 Sprühstösse
Echinarom Halsschmerztabletten TablettenEchinaceae extr., Menthae pip. aeth., Thymi aeth., Caryophylli aeth., Cinnamomi folii aeth., Lavandulae aeth., Rosmarini aeth., Iuniperi aeth., Saturejae aeth., ­Matricariae aeth.1 Lutschtabl. alle 2–3 h; max. 8 Lutschtabl./Tag
Kamillex Lösung Matricariae extract. ethanol. liquid.Mit 5 ml mehrmals tägl. gurgeln
Kamillofluid LösungMatricariae extr. ethanol. liquid.Mit 20 Tr. mehrmals tägl. gurgeln
Bei Husten
Bronchipret TPFilmtabl.Thymi extr. ethanol. sicc., Primulae rad. extr. ethanol. sicc.3× tägl. 1 Tabl.
KalobaLösungPelargonii sidoides radicis extract. ethanol. liquid.3× tägl. 30 Tr.
ProspanexSaftHederae helicis extract. ethanol. sicc.3× tägl. 7,5 ml
Zur allgemeinen Vorbeugung und Unterstützung
EchinacinTropfenEchinaceae purpureae herbae recentis succus3× tägl. 20–40 Tr.
Echinamed forteTablettenEchinaceae purpureae herbae et radicis recentis tinctura2× tägl. 1 Tabl.
Echinamed ResistenzTablettenEchinaceae purpureae herbae et radicis recentis tinctura3× tägl. 2 Tabl.
Echinarom Erkältungs-tropfenTropfenEchinaceae extr. ethanol., Caryophylli aeth., Cinnamomi aeth., Iuniperi aeth., ­Lavandulae aeth., Matricariae aeth., Menthae pip. aeth., Rosmarini aeth., ­Saturejae aeth., Thymi aeth.3× tägl. 20 Tr.
* Die angegebenen Dosierungen gelten für Erwachsene und sind Standarddosierungen. Individuelle Abweichungen sind aber durchaus möglich. Für genaue Dosierungshinweise ist die Fachinformation zu konsultieren.
Anlässlich der COVID-19-Ausbreitung hat die Schweizerische Medizinische Gesellschaft für Phytotherapie (SMGP) eine Liste möglicher Arzneipflanzen zusammengestellt [25]. Es wird vermutet, dass die bei grippeähnlichen Erkrankungen bewährten Arzneipflanzen und -mischungen dazu beitragen, die Symptomatik ­einer COVID-19-Infektion zu mindern und ­allenfalls auch das Infektionsrisiko einzudämmen [26]. Erste Hinweise dazu gibt es aus dem Praxisalltag [27]. Die im Allgemeinen gute Verträglichkeit dieser Arznei­pflanzenzubereitungen macht ihren Einsatz bei ­COVID-19 besonders attraktiv.

Welche phytotherapeutischen Mittel kann ich meinen Patient/-innen als unterstützende Massnahme zur Vorbeugung empfehlen?

Da die Schleimhäute des Mund- und Nasen-Rachenraumes zu den wichtigsten Eintrittspforten für respiratorische Viren gehören, ist deren regelmässige Pflege wichtig. Dazu werden Arzneipflanzen eingesetzt, die Schleimstoffe, Gerbstoffe und ätherische Öle enthalten. Die Schleimstoffe legen sich als schützender Film über die Schleimhäute, während die Gerbstoffe und ätherischen Öle die Interaktion mit dem Virus beeinflussen und die Virusreplikation reduzieren können. Das Lutschen von Pastillen mit Arzneipflanzenextrakten, Spülungen des Mundes oder Gurgeln mit warmen Arzneipflanzentees oder schluckweises Trinken dieser Tees sowie eine gute Nasenpflege mit befeuchtenden und antiviralen Nasensalben sind damit wichtige vorbeugende Massnahmen (Tab. 3). Üblicherweise wird empfohlen, die vorbeugende Einnahme einer Arzneipflanze auf ca. zwei bis drei Wochen zu beschränken. Bei einer längeren Präventionsphase kann daher entweder auf eine Intervalltherapie oder auf eine andere Arzneipflanze gewechselt werden.
Tabelle 3: Übersicht über bewährte Arzneipflanzen (z.B. in Form von Teezubereitungen, Tinkturen und Fertig­arzneimitteln) zur Vorbeugung und Behandlung von Grippe und grippeähnlichen Erkrankungen.
Arzneipflanzen mit Schleimstoffen
Malve (Malva sylvestris)
Eibisch (Althaea officinalis)
Isländisch Moos (Lichen islandicus)
Lindenblüten (Tilia cordata oder T. platyphyllos)
Spitzwegerich (Plantago lanceolata)
 
Arzneipflanzen zur Vorbeugung
Sonnenhut (Echinacea purpurea) [28]
Zistrose (Cystus incanus) [27]
Ingwer (Zingiber officinale)
Kurkuma (Curcuma longa) [29]
Katzenkralle (Uncaria tomentosa) [30]
 
Arzneipflanzen zur symptomatischen Therapie
Sonnenhut (Echinacea purpurea) [31]
Geraniumwurzel (Pelargonium sidoides) [32]
Zimtrinde (Cinnamomum ceylonicum) [33]
Süssholzwurzel (Glyzyrrhiza glabra) [34]
Ingwer (Zingiber officinale) [35]
Salbei (Salvia officinalis) [36]
Thymian (Thymus vulgaris) [37]
 
Arzneipflanzen, aus denen ätherische Öle gewonnen und die bei Atemwegserkrankungen eingesetzt werden
Eukalyptus (Eucalyptus radiata)
Ravintsara (Cinnamomum camphora)
Thymian (Thymian vulgaris ct. Linalool und Thymus vulgaris ct. Thymol)
Lorbeer (Laurus nobilis) [38]
Zitrone (Citrus limon)

Welche Pflanzen werden therapeutisch ­eingesetzt?

Dazu eignen sich verschiedene Arzneipflanzen als Tee, Tinktur oder Fertigarzneimittel, sobald erste Symptome einer Atemwegsinfektion auftreten, oder auch schon bei Verdacht auf eine Ansteckung (Tab. 3). Auch pflanzliche Bitterstoffe in der Ernährung oder als ­Arzneimittel haben eine lange Tradition. Inzwischen wurden Bitterstoffrezeptoren im gesamten Körper nachgewiesen [39] und es gibt Hinweise, dass Bitterstoffe ihre antientzündlichen, immunmodulierenden und keimreduzierenden Eigenschaften sowie ihre ­positiven Wirkungen auf die Barrierefunktion des ­Epithels auch im Respirationstrakt zeigen [40, 41].
Im Sinne der Aromatherapie können auch ätherische Öle (Tab. 3), die antivirale und antientzündliche Effekte aufweisen, inhaliert oder verdünnt als Mundspray angewendet werden [42]. Bei Kindern und Schwangeren ist allerdings Vorsicht geboten, Kontraindikationen und Dosierungsanpassungen sind zu beachten. Detaillierte Angaben finden sich auf der Homepage der SMGP [43]. Bei Unklarheiten bezüglich Anwendung und Dosierung von Arzneipflanzen empfiehlt sich die Zusammenarbeit mit einer auf Phytotherapie spezialisierten Apotheke [44].

Homöopathie

Homöopath/-innen betonen, dass sie ihre Patient/­-innen individuell behandeln. Welche Möglichkeiten bietet die Homöopathie bei epidemisch oder ­pandemisch auftretenden Infektionskrankheiten?

Grundsätzlich wird in der Homöopathie einem Patienten, abgestimmt auf seine persönliche Symptomatik, ein individuelles Heilmittel verschrieben. Das gilt auch bei epidemisch oder pandemisch auftretenden viralen Infektionen. Bei diesen Erkrankungen zeigen die Patient/-innen aber oft sehr ähnliche Symptome, so dass man sich in der Verschreibung auf wenige Arzneimittel beschränken kann. Die Ergänzung einer symptomatischen Therapie mit Homöopathie kann unter anderem zu einem rascheren Abklingen der Symptome beitragen [45].

Wie geht man in der Homöopathie im akuten Krankheitsfall konkret vor?

Entscheidet man sich, eine Patientin alleinig oder ergänzend homöopathisch zu behandeln, erweitert man die Anamnese mit kurzen Fragen (was, wie, wo, wann, warum?) zu den Infekt-bezogenen Symptomen und allfälligen Begleitsymptomen. Wichtig für die Wahl des Arzneimittels sind häufig die Modalitäten, das heisst was bessert oder verschlimmert die Symptome oder was hat sie ausgelöst. Eine Übersicht über die häufigsten homöopathischen «Grippemittel» während der Saison 2019/20 findet sich in ­Tabelle 4.
Tabelle 4: Übersicht der häufigsten homöopathischen Arzneimittel für grippeähnliche Erkrankungen einschliesslich Influenza und COVID-19, Saison 2019/2020 (auch in Kombination mit konventionellen Medikamenten).
ArzneimittelArsenicum album
(Arsentrioxid)
Bryonia alba
(Weisse Zaunrübe)
Gelsemium
(Gelber Jasmin)
Phosphorus
(Phosphor)
Symptome
GesamteindruckÄngstlich, ruhelos, argwöhnisch, pedantisch, schwach Brennende SchmerzenGereizt, will seine Ruhe Trockenheit
Stechende Schmerzen
Benommen, schläfrig ­Lähmungsartige, zittrige ­Schwäche
Schwere der Augenlider
Freundlich, offen und mitfühlend
Verlangen nach Körperkontakt
ManifestationPlötzlichLangsam Langsam Plötzlich
FieberÄusserliche Kälte mit ­innerer, brennender Hitze
Verlangen nach Wärme/­warmen Decken
Trockene, brennende Hitze
Frost mit heissem Kopf und rotem Gesicht
Fieber mit starken ­Gliederschmerzen, ­berstenden Kopfschmerzen
Fieber mit Frost den Rücken rauf und runter
Heisser Kopf und kalte ­Extremitäten
Fieber mit Schweregefühl oder Schmerzen in den ­Gliedern/ Muskeln
Frost mit ­Verlangen nach Eis
Modalitäten*> Gesellschaft
< Mitternacht bis 2 Uhr
< Kälte, kalte Getränke
< körperliche Anstrengung
< leichte Berührung
> Druck (hält sich Brust beim Husten, liegt auf schmerzhafter Seite)
< geringste Bewegung (liegt möglichst ruhig im Bett)
< Wärme
< 9.00 / 21.00 Uhr
Folgen von Ärger
Kopfschmerzen > nach ­Urinieren
Verlangen, ruhig zu liegen
Schmerzen der Augäpfel bei Bewegung der Augen
< schwüles Wetter
Folgen von warmem ­Sommerwetter/ Erwartungs-spannung
> Gesellschaft, Zuwendung ­(Massieren)
> Schlaf
< Liegen (v.a. auf der linken Seite)
DurstHäufiger Durst auf kleine Mengen
Verlangen heisse Getränke
Grosser Durst nach grossen Mengen in langen Abständen oder Durst­losigkeit trotz Trockenheit im Mund
Verlangen kalte Getränke
Kein Durst trotz FieberDurst auf grosse Mengen eiskaltes Wasser
* Erläuterung: > Abnahme/Verbesserung der Symptome durch; < Zunahme/Verschlechterung der Symptome durch.

Wie erfolgen die Arzneigabe und Dosierung in der Homöopathie?

Homöopathische Arzneimittel werden in der Regel oral verabreicht. Eine gängige Dosierung entspricht fünf Globuli. Fünfzehn Minuten vor und fünf Minuten nach Einnahme sollte der Patient nicht essen, trinken, etc. Andere Arzneimittel wie zum Beispiel Schüsslersalze oder ätherische Öle sollten nicht gleichzeitig ­angewendet werden. Für die Behandlung von akuten Infektionen bieten sich die Potenzstufen C30 oder C200 an, und oft ist eine Einmaldosis ausreichend. ­Behandelt man mit tieferen Potenzen (z.B. D6 oder D12), erfolgt die Einnahme dreimal täglich, bis eine Besserung eintritt. Die Verlaufsbeurteilung erfolgt je nach klinischem Zustand, in der Regel jedoch nach ca. 24–48 Stunden.

Anthroposophische Medizin

Was bietet die anthroposophische Medizin bei grippeähnlichen Erkrankungen?

Therapiekonzepte der anthroposophischen Medizin haben sich bei Atemwegsinfektionen vielfach bewährt. So zeigt zum Beispiel eine prospektive Studie im hausärztlichen Bereich bei Patient/-innen mit akuten Atemwegs- oder Ohrinfektionen unter anthroposophischer Behandlung günstigere Krankheitsverläufe, niedrigere Antibiotika-Verschreibungsraten und weniger Arzneimittelnebenwirkungen bei höherer Patient/-innenzufriedenheit im Vergleich zur konventionellen Therapie [46]. Im Zentrum der primär auf die Selbstregulation orientierten Therapien der anthroposophischen Medizin steht die umfassende Stärkung des ­Immunsystems und der Resilienz. Dies ergänzt Massnahmen zur Ansteckungsvermeidung und gegebenenfalls konventionelle Arzneimittel und Therapiever­fahren.
Aus Sicht der anthroposophischen Medizin spielt ein bewusst gepflegter gesunder Lebensstil eine zentrale Rolle zur Förderung der Immunkompetenz gegenüber viralen Infektionen. In der Prävention und Therapie von grippeähnlichen ­Erkrankungen einschliesslich ­Influenza und COVID-19 ist der Umgang mit der Wärme – sowohl physisch ­(Kleidung, Tees, Einreibungen) als auch seelisch (Pflege, Nähe, Liebe) – von grosser Bedeutung. Bewährte medikamentöse Ansätze für die Praxis sind in Tabelle 5 zusammengestellt. Weil ­besonders Kinder häufig an Atemwegsinfektionen ­erkranken, ergänzt Tabelle 6 weitere symptomorientierte Therapiemöglichkeiten, die in angepasster Dosierung auch bei ­Erwachsenen angewendet werden können. Ein Bezug ist grundsätzlich über jede Apotheke in der Schweiz möglich. Für spezifische Informationen betreffend ­COVID-19 sei auf die von Seiten der anthroposophischen Medizin erarbeiteten Behandlungsempfehlungen verwiesen [47].
Tabelle 5: Behandlungsmöglichkeiten der anthroposophischen Medizin bei grippe­ähnlichen Erkrankungen einschliesslich Influenza und COVID-19 (auch in Kombination mit konventionellen Medikamenten).
Prävention
Meteoreisen/Phosphor/Quarz Globuli 1× tägl. 5–10 Globuli morgens nüchtern
Echinacea Mundspray2–3× tägl. 3–5 Sprühstösse in den Rachen
Echinacea/Calendula Lutschtabletten1× tägl. 1 Tbl. am Morgen
Sanddorn Saft/Elixier2× tägl. 1 TL
Therapie
Meteoreisen/Phosphor/Quarz Globuli3× tägl. 5–10 Globuli bei unspezifischen Zeichen einer Atemwegsinfektion
Ferrum phosphoricum comp. Globuli5× tägl. 10–15 Globuli bei Erkältungs­symptomen, Fieber und Gliederschmerzen
Gelsemium comp. Globuli5× tägl. 5–10 Globuli ergänzend bei ­grippalen Symptomen mit Kopf- und ­Gliederschmerzen
Rekonvaleszenz
Ferrum rosatum/Graphites Globuli3× tägl. 5–10 Globuli
Sanddorn Saft/Elixier2× tägl. 1 TL
Heileurythmie als Bewegungstherapie 
Tabelle 6: Therapiemöglichkeiten der anthroposophischen Medizin für Atemwegsinfektionen im Kindesalter nach differential­diagnostischer Abklärung (auch in Kombination mit konventionellen Massnahmen).
Bei Erkältung, fieberhaften Atemwegsinfektionen, grippalen Infekten
Ferrum phosphoricum comp. Globulianfangs 1–2 stdl. 5–10 Globuli, dann 5× tägl. 5–10 Globuli
Meteoreisen/Phosphor/Quarz Globuli3× tägl. 5–10 Globuli
(prophylaktisch: 1× tägl. morgens 3–5 Globuli)
Apis D3/Belladonna D3 Globuli3–5× tägl. 5–10 Globuli, v.a. auch bei Ohren- und Halsschmerzen
Malva comp. OleumFuss-/Bein-Einreibungen 1–2× tägl. besonders bei kalten Extremitäten
Bei Schnupfen (Rhinosinusitis)
Sambucus comp. Globuli5× tägl. 5–10 Globuli bei verstopfter Nase
Allium cepa D6 Globuli 5× tägl. 5–10 Globuli bei wässrigem Fliessschnupfen
Silicea comp. Globuli 5× tägl. 5–10 Globuli bei kombinierter Rhinitis/Konjunktivitis/Otitis
Silicea comp. Suppositoiren à 1g1–2× tägl. 1 Supp. rektal (Kinder <5 Jahre) bei kombinierter Rhinitis/­Konjunktivitis/Otitis
Gencydo 1% Nasenspray 3× tägl. je 1–2 Sprühstösse pro Nasenloch
Bei Halsweh (Tonsillopharyngitis)
Apis/Belladonna/Mercurius Globuli5× tägl. 5–10 Globuli
Echinacea/Mercurius comp. Supp.1–2× tägl. 1 Supp. rektal
Echinacea Mundspray 2–4× tägl. 1 Sprühstoss in den Rachen (Kinder ≥4 Jahre)
Echinacea/Calendula Lutschtabletten3× tägl. 1 Tbl.
Archangelika comp. SalbeSalbenauflage/-einreibung 1–2× tägl. bei zervikaler Lymphknoten­schwellung
Bei Husten (Bronchitis) 
Petastites comp. Globuli5× tägl. 5–10 Globuli
Bronchi/Plantago comp. Globuli5× tägl. 5–10 Globuli
Brust-/Rückeneinreibung mit: 1–2× tägl.
– Lavendelöl 10%bei trockenem Reizhusten
– Thymianöl 10% bei produktivem Husten
– Plantago 10% Salbebei Kindern <6 Monate
– Plantago comp. Salbebei Kindern >6 Monate
– Plantago Bronchialbalsambei Kindern >2 Jahre
Bei Fieber zur Behandlung von Unruhe und Unwohlsein
Belladonna D6 Globuli3–4× tgl. 5–10 Globuli, initial sogar 1–2 stdl.
Chamomilla comp. Suppositorien1–3× tgl. 1 Supp. rektal

Traditionelle chinesische Medizin

Welchen Stellenwert hat die traditionelle chinesische Medizin bei grippeähnlichen Erkrankungen?

Die traditionelle chinesische Medizin (TCM) betrachtet den Menschen in seiner – auch energetischen – Gesamtheit. Krankheiten werden einerseits als durch ­«äussere krankmachende Faktoren» verursacht betrachtet, andererseits als durch «innere Faktoren» begünstigt. Für die Vorbeugung, Behandlung und Rekonvaleszenz von akuten Krankheiten ­bietet die TCM viele Möglichkeiten. Präventiv soll sich der Mensch emotional und körperlich stärken durch ­richtige Ernährung, Bewegung (auch QiGong) und genügend Schlaf, damit seine «Mitte» kräftig ist und die Immunabwehr stärken kann. Akupunktur und chinesische Arzneitherapie wirken dabei unterstützend. In der akuten Krankheitsphase wirken gezielt eingesetzte chinesische Arzneimittel (Tab. 7). Diese sind verschreibungspflichtig, können aber auch durch nicht in TCM spezialisierte Ärztinnen und Ärzte nach Rücksprache mit ­einer spezialisierten Apotheke als «Notfallmittel» bestellt und verordnet werden. Je komplexer die Symptomatik, umso mehr verlangt die Behandlung eine ­exakte Diagnose nach den Kriterien der TCM durch entsprechend weitergebildete Ärztinnen und Ärzte oder Therapeut/-innen. Auch in der Rekonvaleszenz, wo der geschwächte Organismus körperlich und emotional gestärkt und regeneriert werden muss, helfen Akupunktur und Arzneimittel. Weiterführende Informationen finden sich auf der Homepage der Assoziation Schweizer Ärztegesellschaften für Akupunktur und chinesische Medizin [48].
Tabelle 7: Chinesische Arzneimittel zur Behandlung von grippeähnlichen Erkrankungen.
NameIndikationDosierung*
Therapie
Yin Qiao SanBei ersten Erkältungszeichen mit Halsschmerzen, aber ohne
Husten, Wirkung meist innerhalb von wenigen Tagen
Tbl. à 0.5 gr.
3–5× tägl. 4 Tbl. je nach Schwere der Symptome für 3–5 Tage
Ban Lan Gen (Isatidis Rx)Sehr gutes Mittel bei im Vordergrund stehenden Halsschmerzen3× tägl. 3 gr. Granulat
(auch in Tropfen für Kinder)
Sang Ju YinBei ersten Erkältungszeichen mit Reizhusten (Husten sitzt noch ganz oben)Tbl. à 0.5 gr.
3× tägl. 4 Tbl. für 5–7 Tage
Jing Fang Bai Du SanBei Erkältungszeichen ohne Halsschmerzen und mit ­etwas ­stärkeren Kopf- und Gliederschmerzen, gemäss TCM ­Wind(-Kälte)Tbl. à 0.5 gr.
3× tägl. 4 Tbl. für 5–7 Tage
(auch als Granulat oder Tropfen)
Bei Mu Gua Lou SanBei anhaltendem Husten mit schwer abhustbarem Schleim ­(hackender Husten)Tbl. à 0.5 gr.
3× tägl. 4 Tbl. für 7 Tage
Prävention
Yu Ping Feng SanZur Stärkung des ImmunsystemsVerschreibung der Rezepturen durch in chinesischer ­Arzneitherapie ausgebildeten Arzt/Therapeut.
Xiao Chai Hu TangDiese Mischung ist vor allem auch bei Kindern oder bei ­Personen, die immer wieder krank werden, besonders ­geeignet.
* Die angegebenen Dosierungen gelten für Erwachsene. Individuelle Abweichungen sind möglich. Für genaue Dosierungshinweise (u.a. für Kinder) sollte ein in TCM geschulter Arzt/Therapeut/Apotheker konsultiert werden.
China zeigte in der Corona-Krise die hilfreichen Möglichkeiten der integrativen Medizin im Zusammenwirken von Schulmedizin und TCM [34, 49, 50] – dies kann ein Vorbild sein für entsprechende Ansätze auch in anderen Bereichen der integrativen Medizin.

Ayurveda

Ein kompetentes Immunsystem durch ­Ayurveda?

Starke, ausgeglichene Immunität ist nach Ayurveda das Ergebnis von ganzheitlicher Gesundheit. Diese entsteht, wenn die drei Doshas (Stoffwechselgrundprin­zipien) Vata, Pitta und Kapha ausgeglichen sind, Verdauung und Ausscheidung funktionieren, alle Gewebe richtig ausgebildet und das geistige und seelische ­Befinden gut sind. Um dies zu erreichen, empfiehlt ­Ayurveda regelmässige Tagesroutine mit genügend Ruhe, gute Ernährung nach ayurvedischen Prinzipien und regelmässige Ausübung von Yoga und Meditation.

Was bietet Ayurveda zur Behandlung von viralen Atemwegsinfektionen?

Dafür stehen im Ayurveda eine grosse Zahl von Arzneipflanzen zur Verfügung [51, 52]. Manche sind auch in der westlichen Phytotherapie sowie in der TCM ­bekannt, zum Beispiel Süssholzwurzel (Glyzyrrhiza ­glabra) [34], Ingwer (Zingiber officinale) oder Kurkuma (Curcuma longa). Weitere im Ayurveda bekannte Arzneipflanzen in diesem Zusammenhang sind Adhatoda vasica, Ocimum sanctum, Terminalia belerica oder die Gallen von Pistacia integerrhima [53]. Oft werden mehrere Komponenten kombiniert. Hier werden dann häufig auch allgemein stärkende Substanzen wie Withania somnifera zugegeben. Auch Inhalationen mit ätherischen Ölen wie in der westlichen Phytotherapie werden angewendet. Eine Beratung durch im Ayurveda ausgebildete Ärztinnen/Ärzte wird empfohlen.
Bezüglich COVID-19 gibt es interessante Ergebnisse zu einer Hemmung des SARS-CoV-2 durch Glycyrrhizin aus Süssholzwurzeln [54] sowie zu einer möglichen Blockierung des für den Eintritt des SARS-CoV-2 in die Zelle wichtigen ACE2-Rezeptors [55]. Die indische Regierung (Ministerium AYUSH) hat deshalb ein ausführliches Forschungsprogramm zur Untersuchung von möglichen Anwendungen ayurvedischer Präparate gegen COVID-19 aufgelegt.

Fazit

Die Komplementärmedizin bietet ein grosses Spektrum an bewährten Präventions- und Therapiemög­lichkeiten bei grippeähnlichen Erkrankungen, einschliesslich Influenza und COVID-19. Selbstregulation, Unterstützung des Immunsystems und der Barrierefunktion der Schleimhäute sowie antivirale Effekte spielen hier eine Rolle. Dieses Potenzial können auch Haus- und Kinderärztinnen und -ärzte ohne spezielle Weiterbildung den interessierten Patient/-innen zur Verfügung stellen. Wir ermutigen interessierte Kolleg/-innen, ­mittels Weiterbildungen in einzelnen komplementär­medizinischen Richtungen, sich das entsprechende Wissen anzueignen und zu vertiefen. Die weitere Erforschung der komplementärmedizinischen Verfahren sowie der Integration von konventionellen und komplementären Ansätzen soll unbedingt gefördert werden.
Dr. med. Benedikt M. Huber
Zentrum für Integrative Pädiatrie
Klinik für Pädiatrie, HFR Freiburg – Kantonsspital
Chemins des ­Pensionnats 2–6
CH-1708 Freiburg
benedikt.huber[at]h-fr.ch
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