Ein Forschungsprojekt des Instituts für Hausarztmedizin Zürich.
Forschungsprojekt des Instituts für Hausarztmedizin Zürich
Eine besonders heikle Transition auf dem Patientenpfad ist der Übergang von der Spitalpflege nach Hause: Es drohen beispielsweise Übertragungsfehler bei der Medikation oder ein unvollständiger/verzögerter Informationstransfer zwischen Spital und nachbetreuenden Fachkräften [1]. Dies kann logischerweise zu Schäden an Patient:innen und zu unnötigen oder vorzeitigen Rehospitalisationen führen [2]. Daher setzen Spitäler und Gesundheitssysteme (vor allem in Skandinavien) auf ein kritisches Medikations-Review zu Beginn, während und am Ende einer Hospitalisation, optimalerweise ergänzt durch eine Kontaktnahme mit den Patient:innen und den involvierten Hausärzt:innen [3]. Die Evidenz, was solche Interventionen auf Endpunkte wie Rehospitalisationen, Notfallstation-Besuche, Arztvisiten, Mortalität und Kosten bewirken und wie die Interventionen genau beschaffen sein müssen, ist jedoch noch nicht so klar [3, 4].
Daher ist ein Forschungsteam des Instituts für Hausarztmedizin Zürich diesen Fragen im Rahmen einer Nationalfonds-Studie (NFP74) nachgegangen [5]: 21 Spitäler oder Spitalabteilungen wurden in eine Aktiv- und eine Kontrollgruppe randomisiert. In der Aktivgruppe wurden 68 Kaderärztinnen und -ärzte (und indirekt 164 Assistenzärztinnen und -ärzte) darin geschult, bei Austritt ein kritisches und partizipatives Medikations-Review mit den Patient:innen in Form einer Checkliste durchzuführen. Zusätzlich wurden die nachbetreuenden Hausärztinnen und -ärzte im Kurzaustrittsbericht zur Diskussion über die geänderten Medikamente eingeladen. Der Vergleich der 304 multimorbiden polypharmazierten älteren Patient:innen der Aktivgruppe mit den 305 Patient:innen der Kontrollgruppe ergab innerhalb eines Beobachtungszeitraumes von sechs Monaten keine wesentlichen Unterschiede in Bezug auf die weiter oben erwähnten Endpunkte (Publikation in Vorbereitung).
Aus der Perspektive der Machbarkeit und Akzeptanz betonten die Kader-Spitalärztinnen und -ärzte, wie wichtig ihnen Qualität bei der Medikation und beim Austrittsmanagement wie auch eine gute Kommunikation mit den Hausärztinnen und -ärzte sei und setzten sich auch für das Teaching solcher Werte an die Assistenzärztinnen und -ärzte ein [6]. Andrerseits wurden Arbeitslast und Zeitmangel als erschwerende Umstände für den Einsatz solcher Aktivitäten bei Austritt genannt und ein künftiger Einsatz der Austritts-Checkliste zurückhaltend prognostiziert. Alle beteiligten Fachpersonen begrüssten, dass eine Änderung der Medikation im Kurzaustrittsbericht klar kommuniziert wird. Dies verbessert die Kontinuität der Weiterbehandlung und hilft die Unsitte zu vermeiden, dass der nachbetreuende Arzt mangels Information über die Gründe einer Medikationsänderung einfach wieder auf die Medikation vor der Hospitalisation zurückstellt [7]. Die Konklusion aus unserer Forschungsarbeit: Eine (der Machbarkeit zuliebe) einfach gehaltenen Spitalaustritts-Checkliste wird der Komplexität von älteren multimorbiden Patient:innen und der Vielschichtigkeit ihrer Probleme bei Spitalentlassung nicht gerecht. Eine gute Einbindung der nachbetreuenden Fachleute ist vermutlich entscheidend, aber eben nicht auf einfache Art und Weise zu erreichen.
Prof. Dr. med. Stefan Neuner-Jehle
Institut für Hausarztmedizin
Universität und Universitätsspital Zürich
stefan.neuner-jehle[at]usz.ch
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