Primary and Hospital Care geht mit der Zeit

Editorial
Ausgabe
2023/01
DOI:
https://doi.org/10.4414/phc-d.2023.10638
Prim Hosp Care Allg Inn Med. 2023;23(01):

Publiziert am 10.01.2024

Zuallererst: Zum Jahresbeginn 2023 wünschen wir von Verlag und Redaktion Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, viel Glück, Freude und Erfüllung! Das können wir alle gut brauchen, denn bei allem Optimismus: Die Zukunftsaussichten sind etwas durchzogen. Wieder einmal.Kaum ist die Pandemie halbwegs überstanden, stehen neue Ungeheuer am Horizont: Energiekrise, Klimawandel, Krieg in Europa, Migrationswellen, Rezession. Die Pipeline der Zukunftsängste ist voll. Da muten unsere Dauersorgen – der Mangel an Hausärzten und Pflegekräften und die Kostensteigerung im Gesundheitswesen – fast schon bescheiden an. Die Folgen – gesundheitliche Unterversorgung, unnötiges Leid – sind hingegen auch hier dramatisch. Beim Fachkräftemangel in der Bildung und in der Gastronomie wird Personal im Schnellverfahren ausgebildet, um die Lücken zu schliessen – und aus anderen Weltregionen importiert, wo es dann fehlt. Taugt dieses Modell auch fürs Gesundheitswesen? Es ist bereits Realität, denn unsere gesundheitliche Versorgung würde jetzt schon zusammenbrechen, wenn wir keine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Ausland hätten! Zweifellos kann das nur eine Notlösung sein, und es braucht langfristig mehr Ressourcen für die Förderung des Nachwuchses, in hausärztlichen wie auch in pflegerischen Berufen.
Stefan Neuner-Jehle
Chefredaktor
Wen interessiert da noch, dass Primary and Hospital Care sein Layout aufgefrischt hat? Es ist immerhin ein Zeichen für verschiedene Entwicklungen: Der EMH-Verlag und die PHC-Redaktion möchten nicht bei traditionellen Formaten bleiben, sondern mit der Zeit gehen und sich weiterentwickeln. Das betrifft nicht nur den leserfreundlichen optischen Auftritt, sondern auch die Digitalisierung: Vermehrt werden wir Artikel auswählen, die online anstatt auf Papier publiziert werden. Damit kommen wir dem Wunsch der Autorinnen und Autoren entgegen, ihre Beiträge rasch zu veröffentlichen; zudem ist Papier eben eine knappe Ressource. Der Spardruck durch höhere Produktionskosten geht auch am EMH-Verlag nicht vorbei. Ein einheitliches Layout der Print-Produkte, begrenzte Seitenzahlen und die Zusammenlegung von Journalen sind die Reaktionen darauf. Den digitalen Formaten gehört die Zukunft, und Fachjournale sind keine Ausnahme. Sie sehen, liebe Leserin, lieber Leser, auch bei uns ist vieles im Wandel – positiv formuliert: ein dynamisches Umfeld.
Philosophisch interpretiert ist die Veränderung eine Grundbedingung und Notwendigkeit, der Gegenpol zum Bedürfnis nach Sicherheit und Beständigkeit, wie Heraklit (um 520–460 v.Chr.) schon wusste: «Nichts ist so beständig wie der Wandel. Alle Dinge sind im ewigen Fluss, im Werden, ihr Beharren ist nur Schein.»
Der Kern unserer medizinjournalistischen Arbeit bleibt jedoch derselbe: Unsere Motivation, unser Credo, ja unsere Passion ist es, Ihnen relevante Inhalte zu Standespolitik, Berufsbild, Forschung, Lehre, Fort- und Weiterbildung zu bieten.
Lassen Sie mich zum Schluss die eingangs erwähnten schrecklichen Ereignisse in Osteuropa nochmals aufgreifen. Es mag scheinen, dass wir als Einzelne gerade auf den Krieg in der Ukraine keinen Einfluss haben. Vielleicht können wir aber trotzdem etwas zur Linderung beitragen: ukrainischen Flüchtlingen Zugang zu unseren Praxen ermöglichen; uns um sprachliche Verständigung mit ihnen bemühen, zum Beispiel mithilfe von Übersetzer-Apps oder Dolmetscherinnen und Dolmetschern; innerhalb und ausserhalb unserer Praxen ein offenes Ohr für die Nöte der Flüchtlinge haben. Die Liste liesse sich noch deutlich verlängern.
Finden Sie das jetzt zu politisch für ein Medizinjournal? Ich denke nicht, denn als Ärztinnen und Ärzte haben wir eine gesellschaftliche Mitverantwortung – besonders in Zeiten, die sich in eine ungute Richtung verändern.
Prof. Dr. med.
Stefan Neuner-Jehle
MPH, Institut für
Hausarztmedizin
Pestalozzistrasse 24
CH-8091 Zürich