Uns geht es gut … oder nicht?

Editorial
Ausgabe
2023/03
DOI:
https://doi.org/10.4414/phc-d.2023.10676
Prim Hosp Care Allg Inn Med. 2023;23(03):65

Publiziert am 08.03.2023

Pünktlich zum Grosskampftag der Floristengilde, zum Valentinstag, werden wir mit der Schlagzeile konfrontiert: «Schweizer Hausärztinnen und -ärzte haben die beste Work-Life-Balance». Wer würde sich da nicht freuen!
Leider ist das nur die halbe Wahrheit, denn die Schlagzeile der Tagesanzeiger-Medien bezieht sich auf eine internationale Vergleichsstudie des Commonwealth Fund. Darin werden zehn Länder verglichen, mit strukturierten Umfragen zu Themen ihrer Arbeit in der Praxis, ihres Gesundheitswesens. Schön ist, dass in der Schweiz noch immer die meisten Grundversorgerinnen und Grundversorger mit hoher Zufriedenheit ihrem Beruf nachgehen. Und dass sie bestätigen, dass in diesem Beruf eine akzeptable Work-Life-Balance möglich ist. Eine gute Nachricht für unseren Nachwuchs!
Wir sind besser als unsere Kolleginnen und Kollegen in den anderen befragten Ländern durch die Covid-Krise gekommen, die Folgen sind weniger ausgeprägt spürbar, ganz sicher auch deshalb, weil wir die Möglichkeiten haben, unseren Alltag in vielem selbst zu definieren, dank unserer Selbständigkeit.
Philippe Luchsinger
Präsident mfe, Haus- und Kinderärzte Schweiz
Wie so oft, ist das Aber nicht weit: Die Tendenzen über die Jahre weisen leider in die falsche Richtung. Der gefühlte Stress, auch durch die administrativen Belastungen, nimmt zu, die Workforce nimmt laufend ab. E-Health in der helvetischen Form bringt wie befürchtet noch keine Entlastung.
Wir stehen vor der doppelten Herausforderung, das Gute unbedingt zu bewahren und auf die Bedrohungen noch stärker, noch besser zu reagieren, indem wir alles tun, damit der Beruf ein Traumberuf bleibt und der Nachwuchs wieder zufriedener da arbeiten kann, wo sein Platz ist – bei den Patientinnen und Patienten.
In ein und demselben Member-Mail hat mfe am 14. Februar auf die Ergebnisse der Studie verwiesen und sie kommentiert – und gleichzeitig moniert, dass unser letztes grosses Projekt, die vor einem Jahr gewonnene Volksinitiative «Kinder ohne Tabak», bisher noch immer nicht sehr viel näher an die Umsetzung kommt. Die Mühlen in Bern mahlen einmal mehr eher langsam.
Weil wir wissen, dass in der Politik ein langer Schnauf gefragt ist, haben wir den Spatenstich für unsere nächste grosse Baustelle bereits hinter uns: Die Delegiertenversammlung von mfe hat Ende November 2022 den Masterplan Nachwuchsförderung verabschiedet. Alle Partnerorganisationen stehen dahinter, das KHM, die SGAIM, pädiatrie schweiz, die JHaS und SAFMED, die Vereinigung der Hausarztmedizininstitute. Gemeinsam wollen wir alles tun, was über die gesamte Laufbahn der Haus- und Kinderärztinnen und -ärzte möglich ist, um unseren Nachwuchs zu sichern – angefangen bei der Studienwahl im Gymnasium über den Numerus clausus, die Präsenz der Haus- und Kinderarztmedizin im Studium, den Praxisbezug der Studierenden, und die Weiterbildung mit Praxisassistenz bis hin zum Praxiseinstieg, zu optimalen Arbeitsbedingungen und zur Übergabe. Ein grosser Brocken, bestimmt, aber überlebenswichtig. Die Weichen in die Zukunft werden jetzt gestellt. Schon die Wahlen im Herbst werden ein erster Test sein – aber dazu in den späteren PHC-Nummern dieses Jahres. Im Moment zählen wir auf Euch alle: Macht mit, werbt Mitglieder, bleibt politisch!
Damit es uns und unserem Nachwuchs gut geht!
Sandra Hügli-Jost, mfe
Kommunikationsbeauftragte
mfe Haus- und Kinderärzte Schweiz
Geschäftsstelle
Effingerstrasse 2
CH-3011 Bern