Aktuelles

mfe-Delegiertenklausur

Gesundheitsversorgung, koordinierte Versorgung, Klimaschutz

DOI: https://doi.org/10.4414/phc-d.2023.10713
Veröffentlichung: 07.06.2023

Reto Wiesli

Geschäftsführer mfe

Alljährlich treffen sich die Delegierten von mfe zur Frühjahrsdelegiertenversammlung, die gleichzeitig auch als zweitägige Klausur Raum für Themen lässt, die im Alltagsbetrieb gerne untergehen. Dieses Jahr haben wir von der traumhaften Lage des Delta-Resorts in Gwatt am Thunersee profitiert.

Die Hausarztmedizin im NFP 74 «Gesundheitsversorgung»

Zur mfe-Delegiertenversammlung luden wir aus aktuellem Anlass den Präsidenten der Leitungsgruppe des Nationalen Forschungsprogramms 74 ein, Prof. Dr. Milo Puhan von der Universität Zürich. Er legte uns die wichtige Rolle der Hausarztmedizin im NFP 74 dar.

Hintergrund des vor wenigen Monaten abgeschlossenen Programms waren die Förderung der Versorgungsforschung und der Wandel der Gesundheitsversorgung im Bereich chronischer Krankheiten.

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Der Präsident, Philippe Luchsinger, eröffnet die mfe-Delegiertenklausur.

© mfe

Das NFP 74 verfolgte dabei 3 Ziele:

Die zentralen Fragen an die Versorgungslandschaft betrafen den Zugang, die Übergänge, die Steuerung, die Wirksamkeit, die Sicherheit und die Vergütung.

Ausgeschrieben wurde das Programm 2016; es bestand aus 34 Projekten, davon rund 10 aus oder mit engem Bezug zur Hausarztmedizin. Zu erwähnen sind insbesondere «Projekt 2: Partizipative Entscheidungen beim Dickdarmkrebsscreening» (Auer), «Projekt 7: Ausbau FIRE mit Routinedaten aus Hausarztpraxen» (Chmiel), «Projekt 13: Effekt von Praxisschliessungen» (Gerfin) und «Projekt 22: Verbesserte Medikation bei chronisch Kranken dank einer elektronischen Entscheidungshilfe» (Streit).

Gemäss Milo Puhan bietet das NFP 74 gute Beispiele für eine smartere Gesundheitsversorgung, sei dies auf der Ebene der Patientinnen und Patienten oder auf der Ebene des Versorgungsnetzwerks.

Im besagten Netzwerk finden sich Beispiele für die Schulung der Fachkräfte und die Schaffung von Rahmenbedingungen für bessere interprofessionelle Zusammenarbeit sowie für die Stärkung der Grundversorgung einschliesslich der nicht-ärztlichen Gesundheitsberufe.

Die Vorschläge im Forschungsprogramm an die Adresse der Entscheidungsträger dienten dazu, neuen Versorgungsmodellen zur Verbreitung zu verhelfen, Rahmenbedingungen zu schaffen, damit neue Wege erprobt und bei Bedarf schweizweit implementiert werden können, und Gesundheitsdaten besser für die Forschung zugänglich zu machen. Last, but not least sollte eine nationale Institution eingerichtet werden, welche die Nutzung von Gesundheitsdaten organisiert.

Für Milo Puhan ist mit dem NFP 74 das Fundament für die Versorgungsforschung gelegt.

Die Bedeutung der Hausarztmedizin sei sehr hoch für die Versorgung und die Versorgungsforschung. Für deren Erhalt und Weiterentwicklung sei fortan natürlich die Pflege der Community essenziell. Damit kann das Risiko gesenkt werden, dass Innovationen und Wissen versanden. In seiner Analyse unterstützen die heutigen Rahmenbedingungen den nötigen Wandel zu wenig bei der Finanzierbarkeit neuer Modelle, bei den Limiten der Vergütung und bei der Allokation der Mittel in der Versorgung, die ziemlich fixiert sei und wenig Raum für Veränderung zulasse.

Die Delegierten diskutierten den Input zum Forschungsprogramm in 4 Gruppen:

Für die Gruppe Pädiatrie ist klar, dass die Pädiatrie im Programm zu wenig integriert war, was aber generell in der Versorgungsforschung der Fall sei. Es handelt sich um ein strukturelles Problem, denn es gibt viel weniger Praxispädiater als Hausärzte, was Studien zusätzlich erschwert. Die Gruppe stellt zudem fest, dass der Fokus stark auf chronischen Krankheiten liegt, hingegen viel zu wenig auf der Prävention.

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Die Delegierten folgen den Ausführungen unserer Gäste.

Für die Gruppe von Marc Jungi ist das NFP 74 erfreulich, denn die Hausärzte werden in ihrer Arbeit bestärkt. Für mfe ist dies eine Chance, die es für die weitere Arbeit zu nutzen gilt. So kommen wir z.B. durch die Themen im NFP74 immer wieder auf die gleichen Punkte wie etwa die Limitationen.

Welchen Schluss können wir ziehen, was ist für mfe wichtig?

Die Gruppe 3 um Sébastien Jotterand konstatierte, dass das NFP74 in der Westschweiz kaum bekannt zu sein scheint.

Aufgefallen ist die Schwierigkeit, die Erkenntnisse aus Forschungsarbeiten in die Arbeit in den Praxen zu übertragen. Die Brücke zwischen Forschung und Praxisarbeit müsste durchgehend verbessert werden. Gegebenenfalls könnte mfe hier Unterstützungsarbeit leisten.

Die Gruppe 4 um Monika Reber stellte fest, dass der Link zwischen Forschung und Politik enorm wichtig sei. Es gelte, die Kompetenz der politischen Stakeholder zu erhöhen, indem Forderungen mit guten Daten unterlegt werden können.

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Dr. Salome von Greyerz (BAG) und Philippe Luchsinger.

Die Prioritäten ortet die Gruppe in der Erhöhung der politischen Kompetenz und im Dreisatz «Gute Daten – Gute Forscher – Gute Netzwerke». Zentral sind natürlich die Rahmenbedingungen für die Attraktivität, doch die Arbeit daran ist herausfordernd; es gibt z.B. viele regionale Subsysteme, wo die Einflussnahme schwierig ist, oder wir wissen zwar, wo die Schnittstellen sind, aber um diese zu pflegen, braucht es ausreichend Ressourcen, vor allem auch finanzielle.

Koordinierte Versorgung

Den Auftakt zum zweiten Tag der Delegiertenklausur machte Salome von Greyerz, Leiterin der Abteilung Gesundheitsstrategien im BAG. Sie stellte die bundesrätlichen Ideen zu den Netzwerken der koordinierten Versorgung vor. Das Geschäft ist hochaktuell, gerade am Vortag hatte die nationalrätliche Gesundheitskommission darüber diskutiert. Ebenso lebendig war die Diskussion im Plenum. Die Delegierten verzichteten sogar auf die Gruppendiskussionen und profitierten maximal von der Anwesenheit der BAG-Kaderfrau. Sie schlug sich wacker und kehrte unbeschadet und beschenkt nach Bern zurück. Die Zukunft der koordinierten Versorgung in der Schweiz allerdings konnte an diesem Morgen nicht abschliessend geklärt werden …

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Prof. Dr. Milo Puhan präsentiert die Schlussfolgerungen des NFP 74.

Statutarischer Teil, Parolenfassung

Im statutarischen Teil standen die üblichen Geschäfte im Vordergrund: die Verabschiedung des Jahresberichts und der Jahresrechnung. Beide passierten problemlos. Weiter wurde neu Monika Reber als Delegierte von mfe in die FMH-Ärztekammer gewählt, und ein Delegiertenantrag auf eine Parolenfassung zur kommenden Abstimmung über das Klimaschutzgesetz fand eine grosse Mehrheit.

Korrespondenzadresse

Sandra Hügli-Jost

Kommunikationsbeauftragte

mfe Haus- und Kinderärzte

Schweiz

Geschäftsstelle

Effingerstrasse 2

CH-3011 Bern

Sandra.Huegli[at]hausaerzteschweiz.ch

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