Lukas Ott: «Man geht hinein, um wieder ­heraus­zukommen!»

Spots
Édition
2018/07
DOI:
https://doi.org/10.4414/phc-f.2018.01727
Prim Hosp Care Med Int Gen. 2018;18(07):117

Publié le 11.04.2018

Lukas Ott

«Man geht hinein, um wieder ­heraus­zukommen!»

Geschichte der Psychiatrie des Kantons ­Basel-Landschaft.
Schwabe Verlag 2017. 
204 Seiten mit zahlreichen Abbildungen.
Gebunden.
ISBN Printausgabe 978-3-7965-3766-0
ISBN EBook (PDF) 978-3-7965-3798-1
Was Sie mit diesem Buch zu lesen bekommen, ist eine faszinierende Reise, eine Reise durch Medizingeschichte, Geschichte der Psychiatrie vom Mittelalter zur Neuzeit, Architekturgeschichte und schliesslich Kulturgeschichte anhand der Psychiatrie in Basel-Landschaft.
Um es gleich vorwegzunehmen: Der Autor ist Soziologe, der sich nicht nur durch zahlreiche Veröffentlichungen im Bereich Sozial- und Kulturgeschichte einen Namen gemacht hat, sondern auch als Stadtrat und Stadtpräsident von Liestal; seit Dezember 2017 ist er Leiter der Kantons- und Stadtentwicklung Basel-Stadt: Lukas Ott.
Die gesamte Geschichte der Psychiatrie vom Siechenhaus im Mittelalter, wo «Unheilbare» verwahrt wurden, über Schockkuren und Lobotomie bis zur chemischen Revolution 1950 und zur offenen Psychiatrie der Neuzeit wird hier am Beispiel der Psychiatrie des Kantons Basel-Landschaft spannend aufgerollt. In ­einem faszinierenden Überblick werden dabei Zusammenhänge zwischen Architektur, ­Anforderungen an die Pflegenden und Veränderungen in der Hierarchie des gesamten ­betreuenden Personals, vom Gärtner über die Pflegenden, aller Therapeutinnen und Therapeuten bis zu den Ärztinnen und Ärzten aufgezeigt. Das Buch heisst dann auch «Man geht hinein, um wieder herauszukommen!», und leitet damit ein neues Denken und Handeln in der Behandlung psychisch Erkrankter ein.
Aufgelockert wird die Lektüre durch Einzelschicksale, viele Abbildungen, Baupläne, Portraits involvierter Personen, wie auch durch viele Zeitdokumente. Das Buch lässt sich als Nachschlagewerk wie auch als spannende Dokumentation einer Zeit- und Kulturgeschichte lesen. Schon die Zusammenfassung auf dem hinteren Buchdeckel vermittelt eine prima Übersicht, Inhalts- und Sachverzeichnis im Anhang sind übersichtlich und detailliert aufgeführt. Liest man die jeweils in blau gehaltenen Legenden unter den Bildern, kriegt man das Wichtigste mit; doch gerade dann kommt meist der Wunsch auf, den Text im Detail zu lesen, um diese Verwobenheit von Architektur, Politik, Gesellschaft und Psychiatrie mit den jeweiligen Behandlungskonzepten genauer zu verstehen. «Wir müssen der Gesellschaft die Geisteskranken zurückgegeben» schrieb Franco Basaglia, und dies läutete die offene Psychiatrie ein. Die externen ambulanten Dienste zur Vor- und Nachsorge, das ­betreute Wohnen und die individuelle Be­treuung der Psychiatrie des Kantons Basel-Landschaft haben auch anderen Kantonen als Vorbild für die Öffnung der Psychiatrie gedient. Wie ein Landrat seine Meinung ändern kann und in einem öffentlichen Diskurs mit der Presse einen Paradigmenwechsel auslöst, wie die Forschung und Entwicklung von ­Medikamenten nicht nur die medizinischen Möglichkeiten verbessert, sondern auch die Pflegefachleute und die Patientinnen und ­Patienten, die Angehörigen und letztlich die gesamte Bevölkerung verändert und zur Überwindung alter Muster zwingt, davon erzählt dieses Buch, das ich Ihnen wärmstens empfehlen kann.
Pierre Loeb
Mitglied der Redaktion
Facharzt für Allgemeine Innere Medizin
Psychosomatische Medizin SAPPM