Replik

Leserbriefe
Édition
2017/01
DOI:
https://doi.org/10.4414/phc-f.2017.01433
Prim Hosp Care (fr). 2017;17(01):12-13

Publié le 11.01.2017

Replik

Sehr geehrter Herr Kollege Litschgi,
es freut uns sehr, dass das neue Berufsbild eine Diskussion anstösst, und dass Sie die Definition des Facharztes für Allgemeine Innere Medizin sogar als «perfekt» beurteilen!
Das Berufsbild ist natürlich ein Idealbild. Wir sind aber überzeugt, dass die umfassende, patientenzentrierte Versorgung eine der Kernaufgaben des Allgemeininternisten in der Praxis und im Spital ist, und auch für junge Kolleginnen und Kollegen attraktiv ist. Die Art, wie diese umfassende Versorgung geleistet wird, muss an die sozialen Veränderungen und Entwicklungen der Medizin angepasst werden. Die Arbeit in einem Team zum Beispiel wird immer zentraler. Die neue Arbeitsorganisation in Gruppenpraxen, die enge Teamarbeit mit anderen Spezialisten und zwischen ambulantem und stationärem Bereich, das verstärkte Betonen interprofessioneller Kompetenzen und die Möglichkeit, den ärztlichen Beruf auch in Teilzeitarbeit ausüben zu können, bedeutet keinesfalls, dass die Patientin/der Patient dadurch weniger gut versorgt ist. Im Gegenteil: nur so können wir mit dem rasanten Wissenszuwachs in allen Gebieten der Medizin, aber auch mit den gesellschaftlichen Entwicklungen Schritt halten.
Die SGAIM verpflichtet sich mit ihrem Berufsbild dazu, Medizin für den ganzen Menschen zu machen und den Patienten nicht auf Einzelprobleme zu reduzieren. Wie im Editorial von François Héritier, Co-Präsident der SGAIM, ausgeführt, widerspiegelt das neue Berufsbild eben gerade, dass der «Mensch unendlich mehr als die Summe seiner Organe» ist. Diese koordinierende Funktion der Allgemeinen Inneren Medizin zeigt, wie herausfordernd und spannend die Tätigkeit des Hausarztes und der Spitalinternistin ist. Die Breite des Fachgebiets und die Vielfalt der möglichen Karrierewege tragen zur Attraktivität des Berufs bei.
Wir sehen die Aufgabe der Weiterbildungskommission darin, ein möglichst flexibles Weiterbildungsprogramm zu schaffen, das einerseits eine qualitativ hochstehende Weiterbildung garantiert, anderseits aber auch die Freiheit gibt, das Weiterbildungscurriculum möglichst optimal der zukünftigen Tätigkeit anzupassen. «Den» Bildungsweg zum Hausarzt gibt es nicht und er wird unterschiedlich sein, je nachdem, ob man zum Beispiel in Basel oder im Onsernone-Tal tätig sein möchte … Diese Flexibilität und die Relevanz der Hausarztmedizin widerspiegeln sich unter anderem in der Tatsache, dass innerhalb der fünfjährigen Weiterbildung drei Jahre in Hausarztmedizin absolviert werden können. Auch das beste Weiterbildungsprogramm wird aber nicht reichen, um junge Kolleginnen und Kollegen für die Allgemeine Innere Medizin zu begeistern. Dafür braucht es erfahrene und enthusiastische Allgemeininternistinnen und -internisten, die in der Hausarztpraxis und im Spital als Rollenmodelle den Weg aufzeigen können.
Prof. Dr. med. Stefano Bassetti
Präsident Weiterbildungskommission SGAIM