Le séjour hospitalier raccourci par une collaboration inter­professionnelle optimisée

Forschung / Recherche
Édition
2021/12
DOI:
https://doi.org/10.4414/phc-f.2021.10467
Prim Hosp Care Med Int Gen. 2021;21(12):397-399

Publié le 30.11.2021

L’étude multicentrique In-HospiTOOL a pu montrer pour la première fois, sur un large collectif de patients multimorbides, qu’une collaboration interprofessionnelle ciblée, soutenue par une plateforme électronique d’interaction intégrée dans le système de documentation interne de la clinique, réduit la durée de séjour des patientes et ­patients de médecine interne complexe. En outre, la mortalité hospitalière ainsi que le taux de réadmissions inchangés soulignent la sécurité de l’intervention.

Projekt 18 des Nationalen Forschungsprogramms 74 «Smarter Health Care»
Im Rahmen der multizentrisch durchgeführten In-HospiTOOL Studie konnte erstmals an einem breiten multimorbiden Pa­tientenkollektiv gezeigt werden, dass eine zielgerichtete interprofessionelle Zusammenarbeit, unterstützt durch eine im klinikinternen Dokumentationssystem integrierte elektronische Interaktionsplattform, die Liegedauer von komplexen internistischen Patient:innen reduziert. Die zeitgleich unveränderte Spitalsterblichkeit sowie Wiedereintrittsrate unterstreichen die Interventionssicherheit.

Reihe: Projekte des Nationalen Forschungsprogramms NFP 74 «Smarter Health Care»

Der vorliegende Text fasst die wichtigsten Ergebnisse des Projekts Nr. 18 «Verkürzt die systematische interprofessionelle Zusammenarbeit die Aufenthaltsdauer im Spital?» von Prof. Dr. med. Beat Müller, Medizinische Universitätsklinik, Kantonsspi-tal Aarau, zusammen.Dieses Projekt ist eines von insgesamt 34 geförderten Projekten des NFP 74 des Schweizer Nationalfonds. Ziel des NFP 74 ist es, wissenschaftliche Grundlagen für eine gute, nachhaltig gesicherte und «smarte» Gesundheitsversorgung in der Schweiz bereitzustellen.
Informationen: nfp74.ch

Hintergrund

Während Spitalbehandlungen von älteren und chronisch kranken Patient:innen in den letzten Jahren zugenommen haben, sind gleichzeitig die Anforderungen an die Betreuung gestiegen. Dabei hat nicht nur die veränderte Patientendemografie ihren Anteil gehabt, sondern auch die Einführung einer flächendeckenden Fallkostenpauschale, die den Druck auf verschiedenste Stakeholder im Spital spürbar verstärkt hat.
Es ist längst bekannt, dass die Behandlung dieser fragilen und vulnerablen Patientenpopulation fragmentiert ist und oft nicht die Anliegen der Patient:innen miteinbeziehen. Darüber hinaus besteht kaum Evidenz mit welchem Ansatz dieser Komplexität entgegengewirkt werden kann [1]. Auch wenn mehrere Projekte zur Förderung ­interprofessioneller Zusammenarbeit versucht haben die patientenzentrierte Behandlung und Austrittsplanung zu fördern und eine faire Interaktionsebene zwischen den Professionen zu schaffen, sind viele davon aufgrund von interprofessionellen Konflikten und Ungleichverteilung der ­Autoritäten gescheitert [2, 3]. Obwohl gewisse Team-basierte Ansätze teils erfolgsversprechende Resultate gezeigt haben [4–6], verfügen viele Spitäler nicht über eine standardisierte Austrittsplanung, mit der Konsequenz, dass ein allfälliger Nachsorgebedarf nicht oder erst verspätet erkannt wird.
Daher haben wir eine elektronische Interaktionsplattform (In-HospiTOOL) entwickelt, die ins jeweilige klinikinterne Dokumentationssystem integriert wurde, die allen involvierten Professionen eine transparentere Darstellung der austrittsrelevanten Informationen erlaubt. Wir stellten die Hypothese auf, dass der tägliche Einsatz des In-HospiTOOLs während der interprofessionell durchgeführten klinischen Visite die Liegedauer der Patient:innen reduziert, ohne dass diese dabei einen Behandlungsnachteil erfahren würden.

Methoden

Diese zwischen Februar 2017 und Januar 2019 durchgeführte, multizentrische quasi-experimentelle Studie umfasste alle erwachsenen internistischen Hospitalisierungen bei denen mindestens zwei aktive Erkrankungen mit aktuellem Handlungsbedarf bestanden. Durchgeführt wurde die Studie an sieben Schweizer Kliniken (Aarau, Baden, Basel, Interlaken, Münsterlingen, Muri und Zofingen). Nachdem Ende Januar 2018 eine 12-monatige Observationsphase abgeschlossen war, erfolgte ab Februar 2018 die Implementierung des In-HospiTOOLs in den genannten Kliniken unter Begleitung von lokalen «Visiten-Studienteams». Abgeschlossen wurde die Daten­erfassung mit der Durchführung von ­standardisierten Telefon-Interviews 30 Tage nach Spitaleintritt im Sinne einer Qualitätskontrolle. Daten von internistisch hospitalisierten Patient:innen von 75 vergleichbaren Schweizer Kliniken aus demselben Zeitraum, die nicht an der Intervention teilnahmen, wurden uns vom ­Bundesamt für Statistik (Medizinstatistik) zur Verfügung gestellt und dienten als Kontrollgruppe. Die Abbildung zeigt eine ­detaillierte Darstellung der Aktivitäten im Rahmen der Studie entlang dem Patientenpfad.
Primärer Endpunkt dieser Studie war die Liegedauer, sekundäre Endpunkte stellten die Spitalsterblichkeit, die 30-Tage Wiedereintrittsrate, sowie die Rate an Austritten nach Hause dar. Methodisch evaluiert wurden die Daten im Rahmen einer «Interrupted time series»-Analyse [7].
Abbildung 1:
Darstellung der Aktivitäten im Rahmen der In-HospiTOOL Studie entlang dem Patientenpfad. Patient:innen werden auf der Notfallstation hinsichtlich klinischer Stabilität standardisiert eingeschätzt und der voraussichtliche Aufwand wird für die nachfolgende Station entsprechend festgelegt. Zudem erfolgt eine approximative Einschätzung des voraussichtlichen Austrittsdatums. Vom ersten Tag an schätzen alle involvierten Professionen ­(Ärztinnen und Ärzte, Pflegende, Sozialmitarbeiter:innen) sowohl den verbleibenden Aufwand aus ihrer Berufs-spezifischen Perspektive ein, modifizieren entsprechend das mögliche Austrittsdatum und sammeln systemisch die den Behandlungsprozess verzögernden Faktoren. Am Tag vor dem Austritt werden die Patient:innen nochmals strukturiert über die wichtigsten medizinischen Erkenntnisse, Therapieanpassungen, sowie pflegerischen und logistischen Aspekte informiert, mit dem Ziel, dass diese Information durch die Patient:innen jeweils in eigenen Worten widergegeben werden können («teach-back Methode»). Durchführung des Telefon-Interviews 30 Tage nach Eintritt zur Erfassung diverser Qualitätsindikatoren («patient-reported outcomes»). 

Resultate

Wir analysierten Daten von insgesamt 82 Kliniken, wobei die sieben Interventionsspitäler 54 695 und die 75 Kontrollspitäler 438 791 Hospitalisierungen umfassten. Ausgehend von rund 7,6 Tagen betrug die Abnahme der Liegedauer während der 12-monatigen Observationphase in beiden Gruppen ca. 0,2 Tage, ohne statistisch signifikante Differenz zwischen den Gruppen (Differenz 0,07 Tage, 95% CI –0,3 bis 0,5, p=0,72). Während der einjährigen Implementierungsphase fiel die Liegedauer bei den Interventionsspitälern um durchschnittlich 0,5 Tage ab, bei den Kontroll­spitälern zeigte sich über denselben Zeitraum eine leichte Zunahme der Liegedauer um 0,1 Tage (Differenz –0,6 Tage, 95% CI –0,9 bis –0,2, p=0,001). Die Rate an ungeplanten Wiedereintritten innerhalb der ersten 30 Tage nach Austritt betrug über den gesamten Studienzeitraum rund 10% und variierte weder zwischen den Studienphasen noch zwischen den Studiengruppen. Ähnlich sahen wir bei der Spitalsterblichkeit (rund 5,2%) und bei der Rate an Austritten nach Hause (rund 66%) keine ­signifikante Änderung über die Studienzeit und zwischen den Studiengruppen.

Diskussion

Unter dem täglichen Einsatz von In-HospiTOOL, einer interaktiven Plattform zur Verbesserung der interprofessionellen Zusammenarbeit, zeigte sich, dass die Liegedauer bei komplexen multimorbiden internistischen Spitalpatient:innen relevant und ­signifikant stärker sank als bei vergleich­baren Patient:innen ohne eine solche Interven­tion. Durchschnittlich waren die Patient:innen 0,6 Tage kürzer im Spital und haben so für weitere Patient:innen Bettenkapazität geschaffen. Wichtig hervorzuheben ist, dass die reduzierte Liegedauer ohne eine Zunahme der Wiedereintrittsrate und der Spitalsterblichkeit einherging. Auch beobachteten wir keinen zunehmenden Anteil an Patient:innen, die nach dem Spitalaustritt nicht direkt wieder ins häusliche Umfeld austreten konnten.
Die In-HospiTOOL Studie stellt eine der bisher grössten durchgeführten prospektiven Untersuchungen im Bereich der Versorgungsforschung auf nationaler Ebene dar. Es hat sich gezeigt, dass durch den systematischen Einsatz einer patientenzentrierten interprofessionellen Zusammenarbeit nicht nur für die Patient:innen, sondern auch für das Spital (Gesundheitswesen) als solches ein substantielles Optimierungspotential besteht, indem vermeidbare ­Verzögerungen in der Patient:innen­behandlung und Austrittsplanung reduziert werden können, ohne dass Patient:innen «blutig» entlassen würden. Nahe liegt die Vermutung, dass eine Reduktion der Liegedauer auch mit weiteren Vorteilen, wie z.B. einer Reduktion von nosokomialen Infekten, Stürzen, Delir, etc. verbunden ist. 

Kurzinterview mit Daniel Koch, Pflegeexperte Kantonsspital Aarau AG: Einordnung und Praxistipps 

Was kann man aus der Forschung in die Praxis übernehmen?
Die funktionierende Zusammenarbeit von Arzt-, Pflege- und Sozialdienst ist ein zentraler Faktor um Patientinnen und Patienten zum optimalen Zeitpunkt und ohne Verzögerung aus dem Akutspital nach Hause oder in eine geeignete Institution zu entlassen. Diese Zusammenarbeit lässt sich mittels technischer Applikationen in der elektronischen ­Patientenkurve standardisieren und stimulieren, wodurch für alle Beteiligten Vorteile resultieren.
Was kann daraus als Mehrwert zum Bisherigen geschlossen werden?
Wir konnten bisher nur vermuten, dass der am Kantonsspital Aarau entwickelte interprofessionelle Ansatz zur Austrittsplanung einen Einfluss auf die Liegedauer der Patientinnen und Patienten hat. Dass dazu nun auch wissenschaftliche Evidenz vorliegt, hilft uns, die Anwender von der Sinnhaftigkeit der Instrumente zu überzeugen und den eingeschlagenen Weg weiterzuver­folgen.
Welchen Nutzen für die Patientinnen und Patienten wird dieses Projekt Ihrer Ansicht nach haben?
Jeder unnötig im Spital verbrachte Tag erhöht das Risiko für unerwünschte Ereignisse wie zum Beispiel Medikamentenfehler, Sturz oder funktioneller Abbau. Für die Patientinnen und Patienten ist eine optimale Spitalaustrittsplanung daher wesentlich. Die im In-HospiTOOL-Projekt untersuchten Instrumente können dazu beitragen, indem sie die interprofessionelle Zusammenarbeit im Behandlungsteam fördern. Andererseits zeigt diese Studie auch ein hohes Einsparpotential auf Spitalebene durch Reduktion der Liegedauer mit dadurch bedingter Reduktion der Spitalkosten.
Was braucht es in Zukunft?
Technische Hilfsmittel können die interprofessionelle Zusammenarbeit stimulieren, ersetzen aber keineswegs einen Kulturwandel und Leadership. Hierzu ist in den Kliniken noch Arbeit zu leisten, um das im In-HospiTOOL-Projekt aufgezeigte Potential ausreizen zu können.
Für das Projekt:
Prof. Dr. med. Beat Müller
Chefarzt Medizinische Universitätsklinik
Kantonsspital Aarau
Tellstrasse H7
CH-5001 Aarau
happy.mueller[at]unibas.ch 
Für das Programm:
Heini Lüthy
Verantwortlicher Medienarbeit
des NFP 74 www.nfp74.ch
Tössfeldstrasse 23
CH-­8400 Winterthur
hl[at]hluethy.ch
1 Feasibility of Implementing Patient Priorities Care for Older Adults with Multiple Chronic Conditions. J Am Geriatr Soc 2018;66(10):2009-2016. (Evaluation Study Research Support, N.I.H., Extramural Research Support, Non-U.S. Gov't Research Support, U.S. Gov't, Non-P.H.S.) (In eng). DOI: http://dx.doi.org/10.1111/jgs.15465 .
2 . Relationships of power: implications for interprofessional education. Journal of interprofessional care 2011;25(2):98-104. (In eng). DOI: http://dx.doi.org/10.3109/13561820.2010.505350 .
3 . Connecting the dots: interprofessional health education and delivery system redesign at the Veterans Health Administration. Academic medicine : journal of the Association of American Medical Colleges 2014;89(8):1113-6. (Evaluation Study Multicenter Study) (In eng). DOI: http://dx.doi.org/10.1097/ACM.0000000000000312 .
4 . An integrated review of the literature on challenges confronting the acute care staff nurse in discharge planning. J Clin Nurs 2011;20(5-6):754-74. (Review) (In eng). DOI: http://dx.doi.org/10.1111/j.1365-2702.2010.03257.x .
5 . Innovative transition interventions to better align healthcare needs in hospitalised medical patients. Swiss Med Wkly 2017;147:w14515. (In eng). DOI: http://dx.doi.org/10.4414/smw.2017.14515 .Crossref reports that this reference lacks individual authors. (Ref. 5 "Kutz, Ebrahimi, Struja, Greenwald, Schuetz, Mueller, 2017")
6 . Structured interdisciplinary bedside rounds do not reduce length of hospital stay and 28-day re-admission rate among older people hospitalised with acute illness: an Australian study. Aust Health Rev 2017;41(6):599-605. (In eng). DOI: http://dx.doi.org/10.1071/AH16019 .
7. . Segmented regression analysis of interrupted time series studies in medication use research. J Clin Pharm Ther 2002;27(4):299-309. (Research Support, Non-U.S. Gov't Research Support, U.S. Gov't, P.H.S.) (In eng) (http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/12174032)